Rechtsmittel eingelegt: ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festlegung funktionsbezogener Zulagen für die Beschäftigten der Hauptverwaltung einer Gewerkschaft. primäres Mitbestimmungsrecht des dort gebildeten Einzelbetriebsrates. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gewährung einheitlicher funktionsbezogener, jederzeit widerruflicher Zulagen in gleicher Höhe an vier von neun, der Vergütungsgruppe 14 (gemäß § 2 der Vergütungsregelung für die Beschäftigten der Gewerkschaft ÖTV in der Fassung vom 20.10.1995) zugeordnete Stelleninhaber in der Hauptverwaltung der Gewerkschaft ÖTV zeigt einen kollektiven Bezug und unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gemäß § 87 Absatz 1 Nr. 10 BetrVG 1972.
2. Für die Ausübung des betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechtes nach Ziffer 1 ist – mangels zwingenden Erfordernisses für eine unternehmenseinheitliche oder überbetriebliche Regelung – nicht der Gesamtbetriebsrat, sondern der bei der Hauptverwaltung gebildete Einzelbetriebsrat zuständig.
Normenkette
BetrVG 1972 § 50 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 22.04.1997; Aktenzeichen 11 BV 162/96) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.04.1997 – Aktenzeichen 11 BV 162/96 wie folgt abgeändert:
Der Antrag Ziffer 2 des Beteiligten Ziffer 1. der Antragsgegnerin aufzugeben, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 IV BetrVG wegen der Gewährung funktionsbezogener Zulagen an Beschäftigte der Vergütungsgruppe 14 durchzuführen, wird zurückgewiesen.
2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Beteiligten Ziffer 1/Antragssteller und Beschwerdegegner, Betriebsrat der Hauptverwaltung der Beteiligten Ziffer 2/Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin, der … ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung funktionsbezogener Zulagen für die in der Hauptverwaltung der Beteiligten Ziffer 2 Beschäftigten der Vergütungsgruppe 14 zusteht und deshalb ein Zustimmungsersetzungsverfahren bezüglich der Gewährung solcher Zulagen ohne Zustimmung des Beteiligten Ziffer 1 an drei Beschäftigte durchzuführen ist.
Die Beteiligte Ziffer 2 regelt die Vergütung ihrer Beschäftigten in einem sogenannten „kollektiven Vertrag”, nämlich der Vergütungsregelung für die Beschäftigten der … in der Fassung vom 15.04. und vom 27.06.1993, zuletzt geändert durch Vereinbarung vom 21.10.1993. § 2 (Tätigkeits- oder Funktionsmerkmale) dieser Vergütungsregelung hatte hinsichtlich der Beschäftigten mit Vergütung nach Vergütungsgruppe 14 bei der Hauptverwaltung der Beteiligten Ziffer 2 im Jahr 1994 noch folgende Fassung:
„Hauptverwaltung
1) … der selbständig und verantwortlich … führt;
2) Sekretär des geschäftsführenden Hauptvorstands;
3) Leiter des Organisationsreferats;
4) Leiter des Personalreferats;
5) Leiter einer Bildungsstätte;
6) Leiter des Verbindungsbüros Bonn.”
Im Zuge der Verhandlungen zwischen dem geschäftsführenden Hauptvorstand der Beteiligten Ziffer 2 und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat über die Tarifrunde 1995 wurde laut Niederschrift (Anlage A1, Aktenblatt 11 ff.) am 18.07.1995 eine Einigung dahingehend erzielt, daß der früher gekündigte kollektive Vertrag über die Vergütungsregelung für die Beschäftigten der Beteiligten Ziffer 2 wieder in Kraft gesetzt werde.
Ferner wurde § 2 des kollektiven Vertrages – Vergütungsgruppe 14/Hauptverwaltung – wie folgt geändert:
„… 4) Leiter/in Personal- und Sozialwesen;
5)…
6)…
7) Justitiar/in;
8) Leiter/in Zentrales Büro für Grundsatzfragen;
9) Leiter/in Büro für Finanzen und Finanzorganisation.”
Zwar hatte der geschäftsführende Hauptvorstand bei den Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat den in den Fallgruppen 4, 7, 8 und 9 eingereihten Beschäftigten eine jederzeit widerrufliche funktionsbezogene Zulage wegen der Bedeutung der von ihnen wahrzunehmenden Aufgabengebiete zukommen lassen wollen, darüber wurde indes keine Einigung erzielt. Der geschäftsführende Hauptvorstand und der Gesamtbetriebsrat riefen deshalb die Einigungsstelle an, die am 20.10.1995 (Anlage A 4, Aktenblatt 18 bis 20) beschloß, daß § 2 des kollektiven Vertrages – Vergütungsgruppe 14/Hauptverwaltung – folgenden Zusatz erhalte:
„Beschäftigte der Vergütungsgruppe 14 – Hauptverwaltung – in den Fallgruppen 4 (Leiter/in Personal- und Sozialwesen), Fallgruppe 7 (Justitiar/in), Fallgruppe 8 (Leiter/in Zentrales Büro für Grundsatzfragen) und der Fallgruppe 9 (Leiter/in Büro für Finanzen und Finanzorganisation) erhalten ab dem 01.01.1996 eine monatliche, jederzeit widerrufliche funktionsbezogene Zulage von DM 800,00. Diese monatliche Zulage wird mit Wirkung vom 01.07.1996 um denselben Prozentsatz erhöht wie die Vergütung der Beschäftigten im Tarifgebiet West des BAT aufgrund der Tarifrunde 1996 …”
Ausweislich des Protokolles über die Einigungsstellensitzung vom 20.10.1995 (Aktenblatt 21/22) bestanden bei dem Vorsitzenden Bedenken gegen die Zuständigke...