Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung der Rechtswegzuständigkeit in der Klage
Leitsatz (amtlich)
Der Klägervortrag definiert die Rechtswegzuständigkeit. Im vorliegenden aut-aut-Fall bezüglich eines bundesweit tätigen Kreditvermittlungsunternehmens ist der Vortrag des Klägers schlüssig auf ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a ArbGG gerichtet.
Leitsatz (redaktionell)
In einem sog. aut-aut-Fall kommt es, ohne dass Einwendungen der beklagten Partei zu prüfen sind, allein darauf an, ob die tatsächlichen Behauptungen des Klägers, ihre Richtigkeit unterstellt, Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergeben, für die die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte besteht (bejaht).
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a)
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 07.11.2019; Aktenzeichen 8 Ca 148/19) |
Nachgehend
Tenor
- Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 29. November 2019 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 7. November 2019 - Az.: 8 Ca 148/19 wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Die Rechtsbeschwerde wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe
I.
Die Beschwerde wendet sich gegen einen Rechtswegbeschluss, mit dem der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt wurde.
In der Hauptsache streiten die Parteien aufgrund der beim Arbeitsgericht eingereichten Teilklage vom 3. Mai 2019 über restliche Provisionsansprüche für die Monate Januar bis Juni 2018 in Gestalt von Stornoabzügen. Am 23. Dezember 2019 erweiterte der Beschwerdegegner (fortan Kläger) seine Provisionsklage um die Stornoabzüge für das Jahr 2016. Auf Rüge der Beschwerdeführerin (fortan Beklagten) vom 23. Mai 2019 hat das Arbeitsgericht mit Kammerbeschluss vom 7. November 2019 entschieden, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zulässig sei. Auf die ausführlichen Beschlussgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen. Der Beschluss ging dem Vertreter der Beklagten am 19. November 2019 per beA zu.
Mit der per beA beim Arbeitsgericht eingereichten sofortigen Beschwerde vom 29. November 2019 machte die Beklagte geltend, die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit seien zur Entscheidung berufen und der Beschluss sei aufzuheben. In zahlreichen Parallelverfahren, die von ihren Handelsvertretern initiiert worden seien und bei denen ein identischer Sachverhalt vorliege, sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten aufgrund der selbständigen Handelsvertretertätigkeit für unzulässig erklärt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Kammerbeschluss vom 13. Februar 2020 nicht abgeholfen.
Gegenüber dem Beschwerdegericht beruft sich die Beklagte auf den zwischen den Parteien geltenden Handelsvertretervertrag (Anlage B 3). Nach § 2 dieses Vertrages beziehe sich die Tätigkeit des Klägers als selbständiger Handelsvertreter (§ 1) auf die Vermittlung von Konsumentenkrediten und Allfinanzprodukten für die Beklagte. Dann zitiert die Beklagte § 4 des Vertrages. Der Kläger erhalte für alle getätigten Vermittlungsgeschäfte Provisionen, womit alle ihm im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen abgegolten seien, vgl. § 6. Gem. § 7 des Vertrages solle der Provisionsanspruch entfallen, wenn feststehe, dass der betreffende Kunde nicht leiste (die Beklagte nennt das Stornoschulden). § 10 des Vertrages enthalte Klauseln über Gebietsschutz, die Wettbewerbsbeschränkung und den Markterschließungsgedanken. Abschließend hätten sich die Parteien in § 13 darauf geeinigt, dass Gerichtsstand und Erfüllungsort das für den Sitz der Beklagten zuständige Amts- bzw. Landgericht sei. Die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses sei diesen Regeln gefolgt (wird unter III. der Beschwerdebegründung vom 12. März 2020 ausgeführt).
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 13. Februar 2020 sei falsch. Die Beklagte habe konkret und detailliert dargelegt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt Anweisungen erhalten habe, zu welcher Zeit und in welchem Umfang er seine Tätigkeit ausüben müsse. Der Kläger habe seine Arbeitszeiten und Arbeitskraft immer frei gestalten und die Zuweisung der Kunden habe der Kläger ablehnen können. Insofern sei die Tätigkeit des Klägers im Wesentlichen weisungsfrei gewesen. Dies gelte in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht (wird unter B. I der Beschwerdebegründung vom 12. März 2020 ausgeführt). Auch sei der Kläger keinesfalls in dem Betrieb der Beklagten eingegliedert gewesen (hier zitiert die Beklagt mehrere Urteile). Zudem ergebe sich aus dem zwingend zu berücksichtigenden Willen der Parteien bei Abschluss des streitgegenständlichen Vertrages eine selbständige Tätigkeit des Klägers. Deshalb sei die Gesamtabwägung des angegriffenen Beschlusses falsch. Das Arbeitsgericht habe in seine Abwägung mit einbeziehen müssen, dass sich die Parteien bereits vertraglich sehr umfangreich und detailliert auf die sich aus dem Vertragsver...