Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei der Eingruppierung. Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede. Tarifvorbehalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine dynamische Bezugnahmeklausel auf die einschlägigen Tarifverträge in einem vom tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Vertrag ist typischerweise als Gleichstellungsabrede zu verstehen.

2. Auch tarifübliche Regelungen entfalten ihre Sperrwirkung nur im Rahmen ihres jeweiligen Geltungsbereichs.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99, 77 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 17.02.2003; Aktenzeichen 30 BV 170/02)

 

Tenor

1.Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.02.2003 – 30 BV 170/02 – wird zurückgewiesen.

2.Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte Ziffer 1, Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (künftig: Arbeitgeberin), begehrt die Ersetzung der vom Beteiligten Ziffer 2, Antragsgegner und Beschwerdeführer (künftig: Betriebsrat) verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxxxxxxxx xxxxxx in die Tätigkeitsgruppe F, Stufe 2 des Vergütungsrahmentarifvertrags (VRTV) vom 18.09.2002.

Herr xxxxx ist seit dem 15.03.1981 bei dem TÜV Stuttgart gemäß dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25.02.1981 beschäftigt gewesen, dieser enthält unter § 15 Nr. 1 folgende Vereinbarung: Die Betriebsvereinbarungen, die Reisekostenregelung und der Tarifvertrag sind als für den xxxx verbindliche Allgemeinregelungen in ihrer jeweiligen Fassung mit allen Nachträgen und Ergänzungen Bestandteile dieses Vertrages. Der xxxx sssssss fusionierte mit dem xxxxx xxxx am 01.01.1990 zum xxxxx xxxxxxxx, der Mitglied der Tarifgemeinschaft xxxxx wie auch der xxxx Stuttgart war. Am 01.01.1994 ging das Arbeitsverhältnis kraft Teilbetriebsübergangs auf den xxxxxx xxxxxxxxx-xxxxxxx GmbH über, der der xxxx-Tarifgemeinschaft nicht angehörte. Ein weiterer Betriebsübergang auf die xxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxx GmbH fand am 01.12.1997 statt. Bis dahin richtete sich die Vergütung nach dem damaligen Tarifvertrag für Altbeschäftigte der xxxxxx-Tarifgemeinschaft. Die xxxx xxxxxxxxx GmbH war kein Mitglied der xxxx-Tarifgemeinschaft, sie hatte mit dem Gesamtbetriebsrat mit Wirkung ab 01.08.1997 eine Betriebsvereinbarung „Gehaltsordnung” geschlossen, die eine abschließende Regelung zur Gehaltsstruktur, –findung und -höhe vorsah. In der Zeit vom 01.12.1997 bis 01.06.2000 (Teilbetriebsübergang auf die jetzige Arbeitgeberin) und darüber hinaus bis 31.12.2001 erfolgt die tatsächliche Vergütung des Arbeitnehmers xxxxxxx auf der Grundlage der Gehaltsordnung der xxxxxxxxxxxxx xxxxx GmbH.

Am 18.09.2000 verabschiedeten die Gewerkschaft ÖTV und neben anderen die Arbeitgeberin mit Wirkung ab 01.01.2001 ein umfassendes Tarifwerk. Die Vergütung der Arbeitnehmer der am Tarifvertrag beteiligten xxxx-Unternehmen wird nunmehr geregelt durch den Vergütungsrahmentarifvertrag (künftig: VRTV) einerseits und dem Tarifvertrag für Altbeschäftigte andererseits.

Gemäß § 1.3 VRTV findet dieser persönlich auf alle Arbeitnehmer Anwendung, es sei denn sie unterfielen dem Tarifvertrag für Altbeschäftigte. Unter den (spezielleren) Tarifvertrag für Altbeschäftigte, der nach wie vor die „beamtenähnliche” Versorgung der sogenannten Altbeschäftigten sicherstellt, fallen nach § 1 Ziffer 1.3.2. u.a. diejenigen Mitarbeiter, die zum Stichtag 31.12.1994 einem Betrieb der Unternehmensgruppe xxx xxxxxxxxxxxxxxxx zugehörig waren und deren Gehalt sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Tarifvertrages nach den Tarifverträgen der xxxxx-Tarifgemeinschaft mit der ÖTV richtete.

Mit Schreiben vom 19.09.2001 beantragte die Arbeitgeberin beim Betriebsrat u.a. die Eingruppierung des Arbeitnehmers xxxxxx in Gruppe F, Stufe 2 des VRTV. Mit Schreiben vom 01.10.2001 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass er der Eingruppierung nach dem VRTV nicht zustimme. Der Betriebsrat sei der Auffassung, dass Herr xxxxxxx in den Tarifvertrag für Altbeschäftigte einzugruppieren sei.

Nachdem die Arbeitgeberin in der Folge keine weiteren Maßnahmen, insbesondere nicht das Zustimmungsersetzungsverfahren betreffend der Eingruppierung des Herrn xxxxxx betrieb, leitete der Betriebsrat ein Verfahren beim Arbeitsgericht Stuttgart auf Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens ein. Die Beteiligten einigten sich im Rahmen dieses Verfahrens darauf, dass die Arbeitgeberin bis Mitte Juni 2002 ein Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten wird.

Mit ihrem am 10.06.2002 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung des Herrn xxxxxxxx in die Tätigkeitsgruppe F, Stufe 2, des VRTV vom 18.09.2000.

Die Arbeitgeberin ist der Meinung, dass auf Herrn xxxxxxx nicht der speziellere Tarifvertrag für Altbeschäftigte, sondern der VRTV Anwendung finde. Zwar habe Herr xxxxxx am Stichtag, dem 31.12.1994, einem Betrieb der Unternehmensgruppe xxx xxxxxxxxxxxx angehört, die zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit des...

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