Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit des Beschlussverfahrens zur Geltendmachung vergütungsrechtlicher Begünstigung anderer Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
Ein Betriebsratsmitglied ist nicht befugt, sich im Wege des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens gegen die angebliche Begünstigung anderer Betriebsratsmitglieder in Vergütungsfragen zu wenden, da es insoweit an einer unmittelbaren Betroffenheit in seiner eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung und damit an der Antragsbefugnis fehlt (ebenso LAG München 5. Februar 2009 - 3 TaBV 107/08). Eine solche ergibt sich auch nicht aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1 S. 1, §§ 78, 80 Abs. 1 Nr. 1; ArbGG § 81 Abs. 1, §§ 83, 89 Abs. 2 S. 2; ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 25.10.2013; Aktenzeichen 29 BV 26/13) |
Tenor
Gründe
I.
Die antragstellenden Betriebsratsmitglieder wenden sich in erster Linie dagegen, dass die beteiligte Arbeitgeberin an einzelne freigestellte Betriebsratsmitglieder nach Auffassung der Antragsteller überhöhte Entgelte bezahlt.
Die antragstellenden Beteiligten zu 1 bis 6 sind Mitglieder des im Werk U. Betrieb 1 gebildeten 43-köpfigen Betriebsrats (Beteiligter zu 8) der zu 9 beteiligten Arbeitgeberin, einer Automobilherstellerin. Der Beteiligte zu 7 ist Betriebsratsvorsitzender des im Betrieb 1 gebildeten Betriebsrats. Die Beteiligten zu 1 bis 6 sind im Gegensatz zur Mehrheit der Betriebsratsmitglieder nicht Mitglied der IG Metall. Bis auf den Beteiligten zu 1, der noch zu 10% seiner Arbeitszeit in seinem Fachbereich tätig ist, sind alle Betriebsratsmitglieder nach § 38 BetrVG oder faktisch vollständig freigestellt.
Bei der Beteiligten zu 9 existieren eine Richtlinie zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern (Bl. 149 bis 152 der LAG-Akte, im Folgenden: Richtlinie), ein Orientierungsrahmen für freigestellte Betriebsratsmitglieder (Bl. 72 der ArbG-Akte, im Folgenden: Orientierungsrahmen) und ein sogenannter Leitfaden "Compliance-konforme Umsetzung der administrativen Prozesse der Betriebsratsgremien" (Bl. 316 bis 321 der ArbG-Akte, im Folgenden: Leitfaden). Unter dem Datum des 24. Januar 2012 richtete die Beteiligte zu 9 an ihre Personalleiter ein Schreiben über die Neuregelung der Mehrarbeitsvergütung für Betriebsratsmitglieder (Bl. 144 bis 148 der LAG-Akte).
Der Beteiligte zu 7 war vor seiner Freistellung als Mitarbeiter der Führungsebene E 4 tätig. Bei E 4-Leitern ist die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung Bestandteil der Vergütung. Im Betrieb 1 gibt es weitere 228 Arbeitnehmer, die keinen E 4-Status oder höher besitzen, denen aber ein Dienstwagen auch zur Privatnutzung überlassen wird. Voraussetzung hierfür ist eine hohe mit der Arbeitstätigkeit verbundene Fahrtätigkeit. Der Beteiligte zu 7 und der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende erhalten einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus stehen dem Beteiligten zu 8 neun Dienstfahrzeuge zur Verfügung, auf die alle Betriebsratsmitglieder zurückgreifen können, die für die Erledigung ihrer erforderlichen Betriebsratstätigkeit ein Fahrzeug benötigen.
Im Betrieb 1 wurden seit 2008 keine sogenannten Cash-Boni an Betriebsratsmitglieder gezahlt.
In seiner Sitzung vom 14. März 2013 beschloss der Beteiligte zu 8 ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 395 der ArbG-Akte), einen Rechtsbeistand für das vorliegende erstinstanzliche Verfahren zu bestellen. Entsprechendes erfolgte in der Betriebsratssitzung vom 28. November 2013 ausweislich des Sitzungsprotokolls, das den Betriebsratsmitgliedern am 17. Dezember 2013 zuging, bezüglich der Beauftragung eines Rechtsbeistandes für das vorliegende zweitinstanzliche Verfahren. In seiner Sitzung vom 23. Januar 2014 fasste der Beteiligte zu 8 nochmals einen mit dem Beschluss vom 28. November 2013 inhaltsgleichen Beschluss (vgl. Sitzungsprotokoll vom 5. Februar 2014, Bl. 137 bis 143 der LAG-Akte).
Die Beteiligten zu 1 bis 6 haben die Ansicht vertreten, dass die Entgelte der Betriebsratsmitglieder, die auf der Liste der IG Metall in den Betriebsrat gewählt wurden, höher ausfielen als die vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb und als bei ihnen, was mit dem Ehrenamtsprinzip nicht vereinbar sei. Der Orientierungsrahmen und der Leitfaden seien ungeachtet ihres Rechtscharakters unwirksam, da sie als Bezugsgröße für die Vergütungsfestsetzung freigestellter Betriebsratsmitglieder die Betriebsgröße und die interne Verantwortung/Aufgabenstellung des jeweiligen Betriebsratsmitglieds hätten. Nur das Betriebsverfassungsgesetz mit seiner Anknüpfung an die betriebsübliche Entwicklung bestimme die Vergütung für freigestellte Betriebsratsmitglieder. Das Arbeitsgericht solle auch entscheiden, ob Betriebsratsmitglieder - anders als ...