Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung des Spruchs einer betrieblichen Einigungsstelle, weil nicht über die Sachanträge beider Seiten abgestimmt wurde
Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Beschluss vom 03.02.2000; Aktenzeichen 2 BV 10/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin/Arbeitgeberin gegen denBeschluss desArbeitsgerichts Heilbronn – Kammern Crailsheim – vom03.02.2000 – 2 BV 10/99 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des Einigungsstellenspruchs vom 11.06.1999, der für die bei der Arbeitgeberin noch im Leistungslohn beschäftigten Arbeitnehmer mit Wirkung vom 01.07.1999 an den Zeitlohn eingeführt hat.
Die Arbeitgeberin, die Kraft Verbandszugehörigkeit an die Tarifverträge für die Metallindustrie in Nord-Württemberg/Nord-Baden gebunden ist, produziert in ihren vier Produktionsstätten in … (Firmensitz), …, … und … Baumaschinen mit rund 820 Arbeitnehmern, darunter etwa 420 gewerbliche Arbeitnehmer, von denen 171 im Leistungslohn beschäftigt wurden. Da eine Einigung über den von der Arbeitgeberin bereits seit längerem für die Leistungslöhner erstrebten Wechsel des Entlohnungsgrundsatzes in den des Zeitlohns mit dem für alle vier Betriebsstätten einheitlich gewählten Betriebsrat nicht zu Stande kam, rief diese die Einigungsstelle an. In dem sich anschließenden Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG einigten sich die Beteiligten am 13.01.1999 vor dem Arbeitsgericht auf den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Stuttgart a. D. L. als Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Thema „Wechsel von Leistungslohn in Zeitlohn in allen Bereichen des Unternehmens (Leistungslöhner im Werk L. 38 Arbeitnehmer, in R. 21 Arbeitnehmer, in C. 83 Arbeitnehmer, in G. 29 Arbeitnehmer, Stand 10.12.1998)”.
Die von den Beteiligten durch Antragsschrift der Arbeitgeberin vom 08.02.1999 (Bl. 71–91 bzw. 476–496 d. Akten 1. Instanz) und Antragsschrift des Betriebsrats vom 15.02.1999 (Bl. 92–101, 104 d. Akten 1. Instanz) jeweils nebst Anlagen vorbereitete konstituierende Sitzung der Einigungsstelle fand am 17.02.1999 in L. unter Vorsitz von Herrn L. mit jeweils vier Beisitzern der beiden Betriebsparteien statt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 17.02.1999 (Bl. 102, 103 d. Akten 1. Instanz, ABl. 158, 159) trugen u. a. die Betriebsparteien ihre Standpunkte vor. Anschließend besichtigten die Mitglieder der Einigungsstelle zunächst im Werk L. und sodann im Werk G. Arbeitsplätze, namentlich solche in der Dreherei/Bohrerei, Lackiererei und Montage, an denen Leistungslohn bezahlt wurde, aber auch solche, an denen im Zeitlohn gearbeitet wurde. In der zweiten Sitzung der Einigungsstelle am 17.03.1999 in L. nahm ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 17.03.1999 (Bl. 115–117 d. Akten 1. Instanz, ABl. 160–162) zunächst der Beisitzer Z. namens der Betriebsratsseite zum weiteren Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 05.03.1999 nebst Anlagen (Bl. 105–114 d. Akten 1. Instanz) Stellung. Gegen 10.30 Uhr begaben sich die Mitglieder der Einigungsstelle in das Werk … und besichtigten dort Arbeitsplätze in der Vorfertigung, an der Abkantpresse, in der Handschweißerei sowie der Endmontage. Nach der Mittagspause bis circa 13.00 Uhr besichtigten die Mitglieder der Einigungsstelle im Werk R. eine Fertigungslinie, die Lackiererei und die Endmontage. Nach Fortsetzung der Verhandlung in L. traten nach Darlegung ihrer unterschiedlichen Regelungsvorstellungen Arbeitgeber- und Betriebsratsseite zu jeweils getrennten Beratungen zusammen, in deren Verlauf der Vorsitzende zunächst der Betriebsratsseite einen Einigungsvorschlag der Arbeitgeberseite (Bl. 118 d. Akten 1. Instanz) und sodann dieser einen Einigungsvorschlag der Betriebsratsseite übermittelte, die jeweils nicht die Zustimmung der Gegenseite fanden. In der anschließenden Beratung der Einigungsstelle schlug der Vorsitzende vor, sich auf der Basis des Vorschlags der Arbeitgeberseite mit der Maßgabe zu einigen, dass die Einkommenssicherung 130 % des 1998 erreichten durchschnittlichen individuellen Leistungslohns nicht unterschreiten sollte. In der Sitzung der Einigungsstelle vom 31.03.1999, in deren Verlauf der Vorsitzende den Beisitzern der Betriebsratsseite den Entwurf einer ihm am Abend des 29.03.1999 von Arbeitgeberseite zugeleiteten Betriebsvereinbarung (Bl. 121, 122 d. Akten 1. Instanz) aushändigte, forderte die Betriebsratsseite zur Tatsachenfeststellung die Vorlage weiterer, im Protokoll vom 31.03.1999 (Bl. 119, 120 d. Akten 1. Instanz) aufgeführter Unterlagen, deren Vorlage an den Betriebsrat der Arbeitgeberin aufgegeben wurde. Es folgten schriftsätzliche Ausführungen der Betriebsratsseite vom 15.04.1999 (Bl. 125–134 d. Akten 1. Instanz), 21.04.1999 (Bl. 135–155 bzw. 497–517 d. Akten 1. Instanz) und 26.04.1999 (Bl. 187, 188 d. Akten 1. Instanz), die in der Sitzung der Einigungsstelle am 28.04.1999 mündlich ergänzt wurden, sowie schriftliche Ausführungen der...