Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Mehrere Kündigungen
Leitsatz (redaktionell)
Wo trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, darf auch keine Zusammenrechnung erfolgen. Das Additionsverbot bei Anträgen, die wirtschaftlich nicht zur Werterhöhung führen, ist ein allgemeines Prinzip im Regelungsbereich der § 5 ZPO und § 39 Abs. 1 GKG.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 4 S. 1 a.F.
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Beschluss vom 05.03.2010; Aktenzeichen 3 Ca 435/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 5. März 2010 – 3 Ca 435/09 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde der Beschwerdeführer (Prozessbevollmächtigte des Klägers) richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger gegen eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung vom 30. Juli 2009, die das seit 1992 bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien zum 28. Februar 2010 beenden sollte. Daneben erhob der Kläger einen allgemeinen Feststellungsantrag und begehrte seine vorläufige Weiterbeschäftigung. Im Laufe des Rechtsstreits erweiterte der Kläger die Klage um einen Kündigungsschutzantrag hinsichtlich einer Änderungskündigung vom 27. November 2009 die mit Ablauf des 30. Juni 2010 wirken sollte. Der im September 1962 geborene Kläger ist langjähriger Beschäftigter der Beklagten. Er erzielte zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung von EUR 2.352,00. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 4. Februar 2010, wonach die Parteien Einvernehmen dahin erzielten, dass das Arbeitsverhältnis am 30. April 2010 enden wird und der Kläger unter Anrechnung auf den Sozialplananspruch eine Sozialabfindung erhält und bis zum Ablauf des Arbeitsverhältnisses unter Verrechnung auf Urlaubs- und Zeitguthabenansprüche freigestellt wird.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 5. März 2010 den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 7.056,00 festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführer vom 11. März 2010 mit der sie eine höhere Wertfestsetzung erstreben.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 15. März 2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach dem Wert der Beschwer (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zutreffend mit EUR 7.056,00 festgesetzt. Entgegen der Auffassung der Beschwerde führt die weitere Kündigung vom 27. November 2010 zu keiner Werterhöhung. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen dem Klagantrag zu 1 hinsichtlich der Kündigung vom 30. Juli 2009 und dem ursprünglichen Klagantrag zu 4, betreffend die Änderungskündigung vom 27. November 2009, wirtschaftliche Identität besteht und deshalb die einzelnen Werte für die jeweiligen Klaganträge nicht nach § 39 Abs. 1 GKG addiert werden können.
1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht zunächst für jeden der beiden Kündigungsschutzanträge jeweils einen Wert in Höhe des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. (jetzt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F.) und damit EUR 7.056,00 in Ansatz gebracht.
2. Zwischen den beiden Feststellungsanträgen (punktuelle Kündigungsschutzanträge) besteht wirtschaftliche Identität, da sie wirtschaftlich dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den Fortbestand des Vertragsverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Deshalb sind diese Werte nicht nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Wo trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, darf auch keine Zusammenrechnung erfolgen (vgl. etwa BGH 29. Januar 1987 – V ZR 136/86 – NJW-RR 1987, 1148). Es kommt deshalb streitwertrechtlich nicht darauf an, welche prozessualen Streitgegenstände zur Entscheidung gestellt wurden, sondern ob durch einen weiteren prozessualen Gegenstand ein weiterer wirtschaftlicher Wert in den Rechtsstreit eingeführt wurde. Dies ist aber in Bezug auf Anträge, die den Bestand des nämlichen Arbeitsverhältnisses betreffen, nicht der Fall, wenn und soweit sich die Zielrichtung der Anträge unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten deckt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der früheren Beschwerdekammer und steht überdies insoweit auch in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG 6. Dezember 1984 – 2 AZR 754/79 (B) – AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 8 = EzA ArbGG 1979 § 12 Nr. 34; vgl. auch LAG Hamm 3. Februar 2003 – 9 Ta 520/02 – LAGE ArbGG § 12 Streitwert Nr. 128 = NZA-RR 2003, 321 für den Fall des Zusammentreffens eines Antrages nach § 4 KSchG mit einem solchen nach § 256 Abs. 1 ZPO). Das Additionsverbot bei Anträgen, die wirtschaftlich nicht zur Werterhöhung führen, ist ein allgemeines Prinzip im Regelungsbereich der § 5 ZPO und § 39 Abs. 1 GKG (vgl. zur Frage der w...