Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrige Zwangsgeldfestsetzung für jeden Tag der Nichtbeschäftigung zur Vollstreckung des titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch handelt es sich um eine unvertretbare Handlung der Arbeitgeberin (Bereitstellung eines Arbeitsplatzes); die Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs hat gemäß § 888 ZPO zu erfolgen.
2. Das Zwangsgeld nach § 888 ZPO ist in einem einheitlichen Betrag festzusetzen; aus Gründen der Bestimmtheit ist es unzulässig, für jeden Tag der Nichtbeschäftigung (Zuwiderhandlung) ein Zwangsgeld zu verhängen.
Normenkette
ZPO § 888; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 04.07.2013; Aktenzeichen 3 Ca 439/12) |
Tenor
- Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 4. Juli 2013 - Az.: 3 Ca 439/12 - abgeändert und der Zwangsvollstreckungsantrag des Klägers vom 28. Mai 2013 zurückgewiesen.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts vom 4. April 2013 wurde die Unwirksamkeit einer von der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochenen außerordentlich fristlosen Kündigung festgestellt. Ferner wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 31. März 2000 nebst Ergänzungen vom 19. März 2006 als Leiter der Augenklinik weiter zu beschäftigen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - unter dem Aktenzeichen 12 Sa 35/13 anhängig ist.
Mit einem am 31. Mai 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 28. Mai 2013 beantragte der Kläger gemäß § 888 ZPO
"der Schuldnerin Zwangsgeld in Höhe von mindestens EUR 1.000,00 täglich, für den Fall einer nicht möglichen Beitreibung desselben Zwangshaft, aufzuerlegen, verbunden mit der Aufforderung, den Kläger gemäß Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 04.04.2013 - 3 Ca 439/12 - bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 31.03.2000 nebst Ergänzungen vom 19.03.2006 als Leiter der Augenklinik weiter zu beschäftigen."
Dabei führte der Kläger zur Begründung aus, dass die Beklagte sich trotz des zugestellten, vorläufig vollstreckbaren Titels weigere, ihn weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte wandte sich gegen diesen Antrag. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei unbestimmt und daher nicht vollstreckungsfähig. Ferner sei ihr die Weiterbeschäftigung des Klägers auch wegen der vom Kläger begangenen Pflichtverstöße unzumutbar, wobei der Kläger ehemals selbst eine längerfristige Freistellung bei der Beklagten erfragt habe.
Der Kläger ist dem Vortrag der Beklagten entgegengetreten. Insbesondere in Verbindung mit dem Verweis auf den Arbeitsvertrag der Parteien sei der Titel hinreichend bestimmt. Eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung könne sich nicht aus Umständen ergeben, die bereits Gegenstand des Erkenntnisverfahrens gewesen seien.
Das Arbeitsgericht hat mit einem Beschluss vom 4. Juli 2013 ein Zwangsgeld gegen die Beklagte in folgender Form verhängt:
"Der Antragsgegnerin/Beklagten wird zum Zwecke der Durchsetzung der Verpflichtung der Antragsgegnerin auf Weiterbeschäftigung des Antragstellers/Klägers gem. Urteil des Arbeitsgerichtes vom 04.04.2013 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen gem. Arbeitsvertrag vom 31.03.2000 nebst Ergänzungen vom 10.03.2006 als Leiter der Augenklinik ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 1.000,00 für jeden Tag der Nichtbeschäftigung auferlegt. Ersatzweise wird, für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht beitreibbar sein sollte, Zwangshaft des Geschäftsführers der Antragsgegnerin/Beklagten in Höhe von einem Tag pro EUR 1.000,00 festgesetzt".
Zur Begründung des Beschlusses durch das Arbeitsgericht wird auf Seite 3 bis 6 des Beschlusses Bezug genommen.
Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 12. Juli 2013 zugestellt. Hiergegen wendet sie sich mit ihrer am 25. Juli 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Die Beklagte trägt vor, die beantragte Zwangsvollstreckung sei schon unzulässig, da ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO nur in einem einheitlichen Betrag und nicht für jeden Tag der Nichtbeschäftigung festgesetzt werden dürfe. Der Beschluss des Arbeitsgerichts könne auch nicht im Beschwerdeverfahren auf einen einheitlichen Betrag geändert werden. Die Beklagte bleibe bei ihrer Auffassung, dass das Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Aufgrund der Pflichtverstöße des Klägers sei der Beklagten eine Weiterbeschäftigung des Klägers auch nicht zumutbar.
Die Beklagte beantragt:
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 04.07.2013 (3 Ca 439/12) wird wie folgt abgeändert:
Der Antrag des Klägers auf Festsetzung von Zwangsgeld und Zwangshaft gem. § 888 ZPO wird zurückgewiesen.
Hilfsweise:
Über den Antrag des Kläg...