Entscheidungsstichwort (Thema)
Prüfungskompetenzen der Paritätischen Kommission nach dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERA-TV) in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg
Leitsatz (amtlich)
Die Paritätische Kommission hat im Reklamationsverfahren des § 10 ERA-TV die Befugnis zu überprüfen, ob die von einem Arbeitnehmer tatsächliche ausgeführte Arbeitsaufgabe mit der bewerteten Arbeitsaufgabe übereinstimmt. Deshalb kann der Betriebsrat die Übergabe von bestimmten Unterlagen an die Paritätische Kommission verlangen. Er kann auch gegenüber dem Arbeitgeber beanspruchen, dass dieser die von ihm in die Paritätische Kommission entsandten Mitglieder anweist, im Reklamationsverfahren mitzuwirken.
Normenkette
Entgeltrahmentarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16.09.2003 § 10
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 10.03.2009 – 2 BV 8/08 – wird zurückgewiesen.
2. Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der oben genannte Beschluss abgeändert:
Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die von ihr in die tarifliche Paritätische Kommission entsandten Mitglieder anzuweisen, alle bei ihr gegen die mitgeteilten Einstufungen eingegangenen Reklamationen, soweit die Arbeitgeberin ihnen nicht stattgegeben hat, unter formellen und materiellen Gesichtspunkten zu prüfen und zu entscheiden.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über Kompetenzen der Paritätischen Kommission (PaKo) nach dem Entgeltrahmentarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16. September 2003 (im Folgenden: ERA-TV).
Die Beteiligte zu 2 ist die Arbeitgeberin, die als Zuliefererin der Automobilindustrie zuletzt 327 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt und Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. – Südwestmetall – ist. Der Beteiligte zu 1 ist der bei ihr eingerichtete Betriebsrat.
Die Tarifvertragsparteien IG Metall Bezirk Baden-Württemberg, Bezirksleitung Baden-Württemberg (im Folgenden: IG Metall) und der Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. – Südwestmetall – (im Folgenden: Südwestmetall) haben im Einführungstarifvertrag zum Entgeltrahmentarifvertrag vom 16. September 2003 (im Folgenden: ETV ERA) und durch Konkretisierung in späteren Tarifrunden die Einführungsphase des ERA-TV für den Zeitraum vom 1. März 2005 bis zum 29. Februar 2008 festgelegt. Im Anschluss an diese Einführungsphase gilt der ERA-TV verbindlich für alle Betriebe.
Die Arbeitgeberin hat auf Grundlage des ETV ERA in ihrem Betrieb zum 1. Januar 2008 den ERA-TV eingeführt, dessen maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 4
Grundsätze der Grundentgeltermittlung
4.1 Grundlage für die Ermittlung des Grundentgeltanspruchs des/der Beschäftigten gemäß § 9.1 ist die eingestufte Arbeitsaufgabe.
4.2 Die Arbeitsaufgabe wird durch die Arbeitsorganisation bestimmt. Sie wird ganzheitlich betrachtet. Zu ihrer Einstufung werden alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.
§ 5
Einstufung der Arbeitsaufgabe
5.1 Gegenstand der Bewertung
5.1.1 Gegenstand der Bewertung und Einstufung sind die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe.
5.1.2 Bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe sind alle Teilaufgaben zu berücksichtigen, soweit sie die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen.
5.2 Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe
5.2.1 Die Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe erfolgt unter Anwendung des im Folgenden dargestellten Stufenwertzahlverfahrens als Methode der Arbeitsbewertung gemäß § 6.
5.2.2 Das Stufenwertzahlverfahren kann unmittelbar (§ 6.4.1) oder in der Form einer Vergleichsbewertung, bezogen auf die tariflichen Niveaubeispiele (§ 6.4.2) oder bezogen auf die betrieblichen Ergänzungsbeispiele (§ 6.4.3), angewendet werden.
Bestandteil des Systems der Bewertung und Einstufung ist der im Anhang beigefügte Katalog von tariflichen Niveaubeispielen.
5.2.3 Die Tarifvertragsparteien werden den Katalog der Niveaubeispiele, ausgehend von der technischen und organisatorischen Entwicklung, auf die Notwendigkeit der Aufnahme neuer Beispiele hin überprüfen und eventuell Ergänzungen möglichst unverzüglich vereinbaren.
§ 6
System der Bewertung und Einstufung
6.1 Stufenwertzahlverfahren
6.1.1 Grundlage der Bestimmung des Werts einer Arbeitsaufgabe sind folgende Bewertungsmerkmale für Arbeitsanforderungen (Definition siehe Anlage 1):
Wissen und Können
1.1 Anlernen
1.2 Ausbildung und Erfahrung
- Denken
- Handlungsspielraum/Verantwortung
- Kommunikation
- Mitarbeiterführung
6.1.2 Die Anforderungsniveaus der Bewertungsmerkmale werden durch Stufen differenziert (Anlage 1).
6.1.3 Die Gewichtung der Bewertungsmerkmale und Stufen ergibt sich aus den zugeordneten Punkten (in Anl...