Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Einstweilige Verfügung. Verringerung der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit und deren Verteilung an drei zusammenhängenden Arbeitstagen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wertung eines Antrags auf Verringerung der Arbeitszeit / Verteilung der verringerten Arbeitszeit auf zusammenhängende Arbeitstage richtet sich als vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO.
2. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Werts ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich das Gericht im Rahmen seiner Ermessenentscheidung von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten lässt.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 10.03.2010; Aktenzeichen 14 Ga 2/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10. März 2010 – 14 Ga 2/10 – abgeändert.
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf EUR 8.966,26 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde der Beschwerdeführer (Prozessbevollmächtigte der Verfügungsklägerin) richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gem. § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren verfolgte die Verfügungsklägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung, wodurch die Verfügungsbeklagte verurteilt werden sollte, die Verfügungsklägerin bei einer verringerten Arbeitszeit von 15,6 Stunden wöchentlich, bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit an drei zusammenhängenden Arbeitstagen im Zeitraum von 08.30 Uhr bis 14.30 Uhr zu beschäftigen. Die Verfügungsklägerin ist langjährige Mitarbeiterin der Verfügungsbeklagten, Mitglied des Betriebsrats und mit einem GdB von 60 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Sie erzielte bei einer Vollzeittätigkeit zuletzt einen durchschnittlichen Verdienst in Höhe von EUR 4.483,13 brutto. Der Rechtsstreit erster Instanz endete durch abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 27. Januar 2010.
Das Arbeitsgericht hat nach Gewährung rechtlichen Gehörs mit Beschluss vom 10. März 2010 den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 4.000,00 festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin vom 21. April 2010, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
Das Landesarbeitsgericht hat mit Verfügung vom 4. Mai 2010 die Beteiligten auf die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 24. Juni 2009 – 5 Ta 10/09 – JurBüro 2009, 533 hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 20. Mai 2010 gegeben. Hiervon haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Mai 2010 Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach dem Wert der Beschwer (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert war auf EUR 8.968,26 festzusetzen. Die nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu treffende Ermessensentscheidung des Arbeitsgerichts ist nach Auffassung der Beschwerdekammer vorliegend zu beanstanden. Dies führt zur Abänderung der arbeitsgerichtlichen Wertfestsetzung und zur Neufestsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts.
1. Die Bewertung eines Antrags auf Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage nach § 8 Abs. 4 TzBfG erfolgt als vermögensrechtliche Streitigkeit nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.
§ 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO kommt als Maßstab für die nach freiem Ermessen vorzunehmende Schätzung des Gebührenstreitwerts aber nur in vermögensrechtlichen Streitigkeiten in Betracht. Im Falle einer nicht vermögensrechtlichen Streitigkeit bemisst sich der Streitwert nach § 48 Abs. 2 GKG. Er orientiert sich dann nicht am Interesse desjenigen, der das Verfahren einleitet, sondern an den in dieser Vorschrift genannten Umständen. Der Anspruch nach § 8 TzBfG ergibt sich aus dem als vermögensrechtlich zu begreifenden Arbeitsverhältnis. Es geht um die Verurteilung zu einer Willenserklärung, mit der dieses vermögensrechtliche Rechtsverhältnis inhaltlich geändert wird. Das Teilzeitverlangen ist deshalb nach der ständigen Rechtsprechung der für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammern des Landesarbeitsgerichts als vermögensrechtliche Streitigkeit angesehen worden (statt vieler LAG Baden-Württemberg 15. Februar 2002 – 3 Ta 5/02 – NZA-RR 2002, 325; 4. Januar 2008 – 3 Ta 259/07 – JurBüro 2008, 250; 24. Juni 2009 – 5 Ta 10/09 – JurBüro 2009, 533, zu II 1 a der Gründe). Auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten können neben rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch immaterielle Interessen (Affektionsinteresse) bei der Bewertung herangezogen werden, wenn gerade diese Anlass für den Rechtsstreit sind und diesem seinen Sinn verleihen (vgl. BGH 16. Januar 1991 – XII ZR 244/90 – FamRZ 1991, 547). Dieses Interesse ist gerade dann kennzeichnend für die angestrebte Verringerung der...