Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Bestandschutz unbegrenzt. Lohnzahlung für die Zeit vor und nach dem Kündigungstermin. Antragsmehrheiten
Leitsatz (amtlich)
1. In Bestandschutzangelegenheiten ist ein auf unbestimmte Zeit gerichteter Feststellungsantrag grundsätzlich unabhängig von der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses, der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage mit dem Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG zu bewerten.
2. Für Lohnzahlungsansprüche für die Zeit nach dem Kündigungstermin besteht aufgrund streitwertrechtlicher Teilidentität mit dem Wert des Bestandschutzantrags Additionsverbot.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 13.10.2009; Aktenzeichen 7 Ca 2183/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13. Oktober 2009 – 7 Ca 2183/09 – abgeändert. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf EUR 7.765,49 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers (Prozessbevollmächtigter des Beklagten) richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gem. § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren wandte sich die Klägerin zunächst gegen eine außerordentliche Kündigung vom 18. Februar 2009, erhob einen allgemeinen Feststellungsantrag, machte Arbeitsentgeltansprüche für den Monat Februar 2009 in Höhe von EUR 1.800,00 brutto sowie Urlaubsabgeltungsansprüche in Höhe von EUR 1.079,78 brutto geltend. Später erweiterte die Klägerin ihre Klage um einen weiteren Feststellungsantrag betreffend die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses durch Übersendung der Bescheinigung nach § 312 SGB III. Die Klägerin war beim Beklagten seit September 2008 zu einem durchschnittlichen Entgelt in Höhe von EUR 1.800,00 brutto monatlich beschäftigt. Im Termin zur Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden hat die Klägerin den allgemeinen Feststellungsantrag (Antrag Nr. 2) sowie den nachträglich erhobenen Feststellungsantrag bezüglich eines weiteren Beendigungstatbestands (Antrag Nr. 5) zurückgenommen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten erlassen. Der Rechtsstreit endete – nach Erhebung eines Einspruchs gegen das Versäumnisurteil seitens des Beklagten – durch Abschluss eines Vergleichs gemäß Beschluss vom 9. Juli 2009. Danach hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 19. Februar 2009 geendet und die Parteien kamen überein, dass der Klägerin noch restliche Entgeltansprüche und Urlaubsabgeltungsansprüche zustehen und im Übrigen sämtliche wechselseitigen Ansprüche ausgeglichen sind.
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2009 hat das Arbeitsgericht den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 4.165,49 festgesetzt. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer mit am Montag, den 11. Januar 2010 beim Arbeitsgericht Stuttgart eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt, mit der er die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts auf EUR 7.765,49 erstrebt.
Das Arbeitsgericht hat mit Verfügung vom 9. Februar 2010 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach dem Wert der Beschwer statthafte (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und auch im Übrigen, da rechtzeitig eingelegt, zulässige Beschwerde ist begründet. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert ist mit EUR 7.765,49 festzusetzen. Für die Bestandsschutzanträge (Anträge Nr. 1, 2 und 5) ist unter Ausschöpfung des Wertrahmens nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. ein Wert von EUR 5.400,00 festzusetzen. Soweit es den bezifferten Zahlungsantrag für den Monat Februar 2009 angeht, hat das Arbeitsgericht zutreffend lediglich EUR 1.285,71 festgesetzt, da die nach Zugang der außerordentlichen Kündigung liegende Vergütung im Monat Februar 2009 wirtschaftlich identisch mit den Bestandsschutzanträgen ist. Der Urlaubsabgeltungsantrag ist vom Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend mit EUR 1.079,78 bewertet.
1. Die Beschwerde ist begründet, soweit sie die Festsetzung eines Wertes von EUR 5.400,00 für den Bestandsschutz angeht. Zu Recht weist die Beschwerde darauf hin, dass die Bestandsschutzanträge unter vollständiger Ausschöpfung des Wertrahmens nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. mit EUR 5.400,00 zu bewerten sind. Die Klägerin hat mit ihren ursprünglichen Anträgen den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verfolgt. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Festsetzung mit einem Monatsgehalt wird von der Beschwerdekammer nicht geteilt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg konnte bei Bestandsschutzstreitigkeiten, auch wenn das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung noch keine sechs bzw. zwölf Monate gedauert hat, der Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. ausgeschöpft werden, denn der Streitwert hängt nicht von der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit oder Klage ab, sondern bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten – wie einer Bestandsschutzstreitigkeit – von dem mit der Klage verfo...