Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. geltend gemachte Zeit des Fortbestands. Dauer des Arbeitsverhältnisses. Bestandschutz unbegrenzt
Leitsatz (amtlich)
In Bestandschutzangelegenheiten ist ein auf unbestimmte Zeit gerichteter Feststellungsantrag grundsätzlich unabhängig von der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG zu bewerten.
Normenkette
GKG § 63 Abs. 2; KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 2 Ca 592/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 25. Februar 2009 – 2 Ca 592/08 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.
Gegenstand des Ausgangsverfahrens war ein Kündigungsschutzverfahren betreffend die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten/Beteiligte zu 3 vom 27. November 2008 zum 31. Dezember 2008. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hatte erst am 15. Oktober 2008 begonnen und damit zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung keine zwei Monate bestanden. Aus diesem Arbeitsverhältnis erzielte die Klägerin/Beteiligte zu 2 eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung von EUR 3 000,00. Gegen diese Kündigung hat sich die Beteiligte zu 2 mit dem Argument klagweise gewandt, die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen den aus § 242 BGB abgeleiteten Grundsatz des Verbotes rechtsmissbräuchlichen Verhaltens unwirksam sei.
Im Gütetermin am 22. Januar 2009 haben sich die Parteien einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2008 gegen Zahlung einer Abfindung verständigt. Mit Beschluss vom 25. Juni 2009 hat das Arbeitsgericht – nach Anhörung der Beteiligten – den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 9 000,00 festgesetzt und dabei den Bruttoquartalsverdienst des Beteiligten zu 2 zugrunde gelegt.
Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009, am 16. Juni 2009 beim Arbeitsgericht eingegangen, legten die Beteiligten zu 1 Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluss ein. Mit Beschluss vom 17. Juni 2009 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist nicht begründet. Der Streitwert für den Bestandsschutzantrag ist vom Arbeitsgericht zutreffend unter Ausschöpfung des Wertrahmens nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG mit EUR 9 000,00 festgesetzt worden.
1. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung der für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg konnte bei Bestandsschutzstreitigkeiten, auch wenn das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung noch keine sechs bzw. zwölf Monate gedauert hat, der Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG ausgeschöpft werden, denn der Streitwert hängt nicht von der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit oder Klage ab, sondern bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten – wie einer Bestandsschutzstreitigkeit – von dem mit der Klage verfolgten wirtschaftlichen Ziel. Hiervon geht auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 30. November 1984 – 2 AZN 572/82 (B) – AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 9 = EzA ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 36 = NZA 1985, 369) aus. Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung, ein nur kurzfristig bestehendes Arbeitsverhältnis verkörpere einen wirtschaftlich geringeren Wert, als ein längerfristiges mit erstarktem Kündigungsschutz. Dies kann nicht überzeugen, da ein Arbeitnehmer nicht vom Kündigungsschutz lebt, sondern von der Vergütung, die er für seine Arbeitsleistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erhält. Daraus ist sein wirtschaftliches Interesse abzuleiten. Deshalb kommt es darauf an, von welcher weiteren Dauer die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung ausgeht (§ 40 GKG), nicht aber, wie lange das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung oder Erhebung der Kündigungsschutzklage schon bestand. Ob das Vorbringen schlüssig ist, ist nicht von Bedeutung. Ein auf unbestimmte Zeit gerichteter Feststellungsantrag ist deshalb grundsätzlich unabhängig von der bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Vierteljahreseinkommen nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG zu bewerten (statt vieler LAG Baden-Württemberg 11. Januar 2008 – 3 Ta 5/08 – zu II 1 der Gründe). An dieser Rechtsprechung hält auch die nach der Geschäftsverteilung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg nunmehr zuständige Beschwerdekammer fest. Es sind von der Beschwerde keine inhaltlichen Argumente vorgebracht worden, die eine generelle Änderung der bisherigen Rechtsprechung begründen könnten.
2. Im Entscheidungsfall ist die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts unter Berücksichtigung dieser allgemeinen Überlegungen nicht zu beanstanden. Die Beteiligte zu 2 war bei der Beteiligten zu 3 erst seit 15. Oktober 2008 und damit im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung erst knapp zwei Monate beschäftigt. Folglich war das Kündigungsschutzgesetz – worauf das Arbeitsgericht zutr...