Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der erstattungsfähigen Prozessgebühr bei Zurückweisungsantrag vor Berufungsbegründung wenn die Berufung offenbar unzulässig ist
Leitsatz (redaktionell)
Wird im Fall einer offensichtlich verfristeten Berufung vor deren Begründung bereits ein Zurückweisungsantrag gestellt, ist lediglich eine 13/20-Gebühr erstattungsfähig.
Normenkette
BRAGO §§ 32, 31 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Beschluss vom 18.06.2004; Aktenzeichen 8 Ca 272/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen denFestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom18. Juni 2004 – 8 Ca 272/03 – wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 282,75 EUR
Tatbestand
I.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, die ihm im Berufungsverfahren entstandenen Kosten für seine Prozessbevollmächtigten nur in Höhe einer 13/20-Gebühr nach § 32 BRAGO und nicht einer 13/10-Gebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, jeweils in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Satz 3 BRAGO, zulasten der Antragsgegnerin festzusetzen.
Nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung der Antragsgegnerin (Beklagten im Ausgangsverfahren) im Verfahren 19 Sa 16/04 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg bestünden, weil die Berufungsfrist nicht gewahrt sei, haben sich die Bevollmächtigten des Antragstellers schriftsätzlich beim Landesarbeitsgericht legitimiert und die Zurückweisung, der Sache nach die Verwerfung der Berufung als unzulässig, beantragt.
Infolge des Hinweises des Landesarbeitsgerichts hat die Antragsgegnerin die Berufung wenige Tage später wieder zurückgenommen. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des vormalige Berufungsbeklagten, die zu erstattenden Kosten hinsichtlich der Prozessgebühr seiner Bevollmächtigten auf 13/10 einer Prozessgebühr nur insoweit stattgegeben, als es nur eine 13/20-Gebühr für erstattungsfähig erachtet hat. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, weil er der Auffassung ist, bei der vorliegenden Fallgestaltung einen Anspruch auf Erstattung der entstandenen vollen Prozessgebühr zu haben. Wegen des Vortrags der Beteiligten wird auf die im Festsetzungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Kosten, die mit dem Antrag geltend gemacht worden sind, sind nicht in dem Umfang erstattungsfähig, als zugunsten der Bevollmächtigten des Antragstellers eine volle Prozessgebühr in unstreitiger Höhe entstanden ist. Sie ist von der Antraggegnerin nach der Kostenentscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 06. April 2004 – 19 Sa 16/04 – insoweit zu tragen, wie sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im zweiten Rechtszug im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO entstanden ist. Der angegriffene Beschluss stützt sich vorliegend zurecht auf die zitierten Entscheidungen. Denn die dortigen Ausführungen gelten zwar nur für den Regelfall. Ein Grund, hiervon abzuweichen, liegt aber nicht schon dann vor, wenn das Landesarbeitsgericht auf die mangelnde Fristwahrung hingewiesen hat und das weitere Vorgehen des Berufungsklägers noch offen ist, insbesondere also eine alsbaldige Rücknahme der Berufung in Aussicht steht. Dass der Berufungsbeklagte die Berufung für unzulässig hält und deshalb deren Verwerfung als unzulässig ohne mündliche Verhandlung begehrt, kann das Verfahren unter keinem Gesichtspunkt fördern und ist überflüssig, soweit nicht absehbar ist, dass über die Einhaltung der Frist oder einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestritten wird.
Vorliegend geht es nicht um die Frage, ob ein Antrag auf Zurückweisung der Berufung vor Eingang der Berufungsbegründung die Erstattungsfähigkeit einer vollen Anwaltsgebühr auszulösen vermag. Vielmehr stellte sich hier von vornherein die Frage einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn sie nicht rechtzeitig eingelegt ist. Dass eine verspätet eingelegte Berufung unzulässig ist, bedarf keiner Diskussion. Auch war es nicht erforderlich, das Gericht auf diesen Umstand hinzuweisen, nachdem es schon vorher selbst auf diese Problematik aufmerksam gemacht hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Beschluss vom 9. Oktober 2003 – VII ZB 17/03 – NJW 2004, 73 m.w.Nw.) kommt es für die Erstattungsfähigkeit einer vollen Gebühr darauf an, ob die Antragstellung geeignet ist, die verfahrensrechtliche Stellung der Berufungsbeklagten im Verhältnis zum Prozessgegner zu beeinflussen. Dies ist dann der Fall, wenn mit ihr zur verfahrensbeendenden Erledigung des Rechtsstreits ein sachentsprechender Beitrag zur rechtlichen Verfahrenssituation gegeben werden soll. Dabei ist es unerheblich, dass das Gericht von Amts wegen diese Situation ohnehin zu prüfen hat. Denn das Gericht hat stets Prüfungen von Amts wegen durchzuführen, so die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels aus sonstigen Erwägungen ...