Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Ersatz erhöhter Fahrtkosten eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes
Leitsatz (redaktionell)
1. Fahrtkosten, die das Betriebsratsmitglied auch ohne Rücksicht auf die Erledigung konkreter Betriebsratstätigkeiten hätte aufwenden müssen, um seiner Pflicht zu genügen, sich im Betrieb zur Arbeit bereit zu stellen, sind keine Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstanden sind.
2. Die Pflicht, sich für Betriebsratstätigkeiten im Betrieb bereitzuhalten, tritt als gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds von seiner beruflichen Tätigkeit nach § 38 BetrVG ein; mit der Freistellung ändert sich daher der Ort der Leistungserbringung im Sinne des § 269 BGB in vollem Umfang.
3. Das Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot des § 78 Abs. 2 BetrVG untersagt jede Handlung, durch die der geschützte Personenkreis wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Rahmen der Betriebsverfassung benachteiligt oder begünstigt wird.
Normenkette
BetrVG §§ 38, 40 Abs. 1, § 78 Abs. 2; BGB § 269
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 16 BV 5/05) |
Gründe
I.
Der Antragsteller macht im Wege des Beschlussverfahrens Fahrtkosten als freigestelltes Betriebsratsmitglied von seinem Wohnort zum Betriebssitz der Antragsgegnerin geltend.
Der seit 01.10.1979 bei der Antragsgegnerin beschäftigte Antragsteller war bis zum Jahre 2001 als Filialleiter in der Filiale der Antragsgegnerin in D. eingesetzt. Seit 2002 ist er als Betriebsratsmitglied freigestellt, seit der letzten Wahl fungiert er weiterhin in Freistellung, nunmehr als Betriebsratsvorsitzender. Das durchschnittliche Monatsgehalt des Antragstellers beläuft sich auf EUR 3.023,00 brutto. Seit seiner Freistellung im Jahr 2002 fährt der Antragsteller regelmäßig von seinem Wohnort in H. nach B., dem Firmen- und Betriebssitz der Antragsgegnerin. Dort befindet sich auch das Betriebsratsbüro.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller ebenso wie dem früheren Betriebsratsvorsitzenden bis Oktober 2004 Fahrtkosten in Höhe von EUR 0,30 pro Kilometer für die Fahrtstrecke vom Wohnort bis zum Firmensitz gezahlt. Die Abrechnung und Bezahlung erfolgte stets gemeinsam mit sonstigen durch Betriebsratstätigkeiten entstandenen Fahrtkosten als Betriebsratskosten. Seit einer Betriebsprüfung und einer damit einhergehenden rechtlichen Neubewertung des Vorgangs im November 2002 verweigert die Antragsgegnerin die Erstattung der Anfahrtkosten.
Der Antragsteller hält die Antragsgegnerin für verpflichtet, die Anfahrtskosten von seinem Wohnort zum Betriebssitz zu erstatten. Er ist lediglich dazu bereit einen Abzug der Kosten, die durch die Anfahrt von seinem Wohnort bis zur früheren Filiale angefallen waren, hinzunehmen. Bei den so berechneten Fahrtkosten handle es sich um Kosten des Betriebsrats. Darüber hinaus seien sie zu erstatten infolge einer bereits 1989 geschlossenen innerbetrieblichen Vereinbarung mit dem Betriebsratsvorsitzenden. Im Übrigen macht er Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend.
Der Antragsteller hat beantragt:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat November 2004 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 652,50 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragszustellung zu zahlen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat Dezember 2004 für die Hin-/Rückfahrt von H. nach B. i. H. von EUR 427,50 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragzustellung zu zahlen.
3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat Januar 2005 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 652,50 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragzustellung zu zahlen.
4. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat Februar 2005 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 652,50 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragstellung zu zahlen.
5. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat März 2005 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 495,00 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragstellung zu zahlen.
6. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat April 2005 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 765,00 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antragstellung zu zahlen.
7. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an den Antragsteller zu Ziff. 1 Fahrtkosten für den Monat Mai 2005 für die Hin-/Rückfahrten von H. nach B. i. H. von EUR 562,50 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Antra...