Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnis mit einem staatlich anerkannten Berufskolleg über. Ordnungsmäßigkeit eines Zwischenzeugnisses. Rückforderung von Schulgeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Klage auf Rückzahlung von Schulgeld gegen ein staatlich anerkanntes Berufskolleg für darstellende Kunst ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben, wenn die klagende Partei dort zu ihrer Berufsausbildung im Sinn von § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG beschäftigt war.
2. Unter „Berufsausbildung” im Sinn des § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG sind alle Bereiche der Berufsbildung nach § 1 Abs. 1 BBiG zu verstehen. Für den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG ist es unerheblich, ob die Berufsbildung in Betrieben, in berufsbildenden Schulen oder in sonstigen Berufsbildungseinrichtungen außerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsbildung im Sinn von § 1 Abs. 5 BBiG stattfindet. Dies gilt auch für die in berufsbildenden Schulen stattfindende schulische Berufsbildung unabhängig davon, ob die berufsbildenden Schulen den Schulgesetzen der Länder unterstehen oder in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen.
3. Für die Klage auf Feststellung der nicht ordnungsgemäßen Erteilung eines Zwischenzeugnisses sind hingegen gem. § 40 Abs. 1 VwGO die Verwaltungsgerichte zuständig.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 4, 2; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 5 Abs. 1 S. 1; BBiG §§ 1-2; VwGO § 40
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 21.04.2004; Aktenzeichen 29 Ca 13193/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 21.04.2004 – 29 Ca 13193/03 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
- Hinsichtlich der Klage auf Rückzahlung entrichteten Schulgeldes wird der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
- Hinsichtlich der das Zwischenzeugnis betreffenden Streitigkeit wird der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit insoweit an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.
Im übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin zu 1/3, der Beklagte zu 2/3 zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
Die Klägerin begehrt mit ihrer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage die Rückzahlung von Schulgeld in Höhe von Euro 1.760,00 sowie die Feststellung, dass das ihr vom Beklagten unter dem 10.07.2003 (richtig: 09.07.2003) erteilte Zwischenzeugnis (ABl. 7) nicht den Anforderungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung entspricht.
Der Beklagte ist Inhaber einer Akademie der Schauspielkunst unter der Bezeichnung L. A. eines staatlich anerkannten Berufskollegs für darstellende Kunst. Unter dem 23.08.2002 schlossen die Parteien folgenden Vertrag zum Zwecke einer Ausbildung der Klägerin zur staatlich anerkannten Schauspielerin (ABl. 72, 73) ab:
„1.0) Der Unterricht findet täglich von Montag bis Freitag statt, in Ausnahmefällen (Prüfungsvorbereitung, Schulaufführung, etc.) auch Samstag und/oder Sonntag.
1.1) Anzahl und Dauer der wöchentlichen Unterrichtsstunden sind dem Stundenplan zu entnehmen.
1.2) Die Ausbildung beträgt in der Regel 3 Jahre.
1.3) Alle Unterrichtsfächer sind Pflichtfächer.
2.0) Im Sommer ist die Schule für ca. 6 Wochen, im Winter ca. 2 Wochen geschlossen. (Termine werden am Anfang des Jahres bekanntgegeben).
2.1) Für alle Ferienzeiten muss Schulgeld entrichtet werden.
3.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich, das Schulgeld in Höhe von Euro 320,00 inkl. Mwst. jeweils am Monatsanfang (3. Werktag des Monats) zu entrichten.
3.1) Das Schulgeld muss auch im Krankheitsfall des/der Studierenden entrichtet werden.
3.2) Gerät der/die Studierende mehrmals mit den Zahlungen des Schulgeldes in Rückstand, behält die Schulleitung das Recht vor, nach der 3. Mahnung, den/die Studierende aus dem Vertrag zu entlassen. Darüber hinaus muss das Schulgeld bis zum Semesterende entrichtet werden.
4.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich, mindestens 1 Semester (6 Monate) am Unterricht teilzunehmen. Spätestens 4 Wochen vor Ablauf des Semesters, muss der/die Studierende seine/ihre Kündigung schriftlich bei der Schulleitung einreichen, andernfalls verpflichtet er/sie sich automatisch für ein weiteres Semester. (Bei Kündigung, Zahlungen immer bis Semesterende).
4.1) Die Schulleitung hat das Recht, den/die Studierende auch vor Abschluss des Semesters zu entlassen. (Fehlverhalten des Schülers/in). In diesem Fall, muss das Schulgeld bis zum Semesterende entrichtet werden.
5.0) Der/Die Studierende verpflichtet sich zur regelmäßigen und pünktlichen Teilnahme am Unterricht. Bei Krankheit oder schwerwiegenden Gründen, ist die Schulleitung, rechtzeitig zu informieren.
6.0) Die Mitwirkung bei Film – Funk – Fernseh' – und Theaterproduktionen, muss mit der Schulleitung abgesprochen und genehmigt werden.
7.0) Gerichtsstandort ist Stuttgart.
8.0) Das Schulgeld im Monat August ...