Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Kassiererin in Verbrauchermärkten. Scannerkassen. Verbrauchermärkte
Leitsatz (amtlich)
Die durch das Bundesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs „Verbrauchermarkt” im Einzelhandel (BAG, Urt. v. 08.02.1984 – AZ: 4 AZR 158/83 in AP Nr. 134 zu § 1 TVG) ist nicht schon deshalb neu zu bestimmen, weil diese Entscheidung 25 Jahre alt ist und sich die technischen Verhältnisse (Einführung von Scannerkassen) verändert haben.
Normenkette
Manteltarifvertrag Einzelhandel Baden-Württemberg
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 11.01.2000; Aktenzeichen 2 Ca 531/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 11.01.2000 (AZ: 2 Ca 531/99) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung der Klägerin und über die eventuell sich ergebenden Differenzlohnansprüche.
Die am 10.03.1948 geborene Klägerin ist seit 15.10.1995 als Kassiererin mit monatlich 130 Stunden bei der Beklagten im Einzelhandelsmarkt in B. teilzeitbeschäftigt. Sie erhält ein monatliches Gehalt von DM 2.137,90 entsprechend der tariflichen Vergütung für die Beschäftigungsgruppe II/4 des Entgelttarifvertrages. Die Beklagte betreibt in B. einen Filialmarkt. Das Warenangebot erstreckt sich auf Nahrungs- und Genußmittel sowie auf sonstige Waren des kurz- und mittelfristigen Bedarfs, wobei der sogenannte Non-Food-Bereich ca. 40 % der Verkaufsfläche in Anspruch nimmt. Der Markt befindet sich am Ortsemgang von B. und bietet die Waren ganz überwiegend zur Selbstbedienung an. Nach dem Vortrag der Klägerin beträgt die Verkaufsfläche 3.600 qm. Die Beklagte gibt die Gesamtbetriebsfläche mit 8.411 qm an. Die Filiale verfügt über eine Metzgereiabteilung, eine Audio-Phone-Abteilung, einen Getränkemarkt und eine Tankstelle. Desweiteren gehören zum Markt auch verschiedene Konzessionsbetriebe, darunter eine Bäckerei, ein Femkostgeschäft, ein Fotogeschäft, ein Blumenladen, ein Textilgeschäft, ein Schuhmarkt und ein Lotto-Toto-Zeitschriftengeschäft. Die Klägerin arbeitet an einer EDV-gesteuerten Scannerkasse. Der überwiegende Teil der Waren wird an der Kasse mittels des Scanners erfaßt. Die übrigen Waren haben Preisabrumummem (sogenannte PLU-Nummern). Die Kassiererinnen verfügen über eine Liste dieser PLU-Nummem. Waren, deren Preise nicht in der EDV erfaßt sind, müssen über eine Warengruppe eingegeben werden, für die es ca. 100 Nummern gibt. Einmal wöchentlich wird ein PLU-Nummem- und Warengruppennummerntest durchgeführt, wobei erwartet wird, daß die Kassiererinnen von 30 verschiedenen Artikeln die PLU-Nummer und die Warengruppennummer auswendig erkennen. Die Zahlung mittels Scheckkarte hat im Markt stark zugenommen und erreicht an Wochenenden ca. 80 % der Zahlungsmittel. Durchschnittlich sind sechs Kassiererinnen im Einsatz für täglich zwischen 1.600 und 2.300 Kunden.
Die Klägerin hat ihre Eingruppierung nach der Beschäftigungsgruppe III/1 und die Nachzahlung der daraus sich ergebenden Differenzlohnansprüche ab Oktober 1998 mit Schreiben vom 08.12.1998 gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Baden-Württemberg vom 13.01.1994 (MTV) sowie die Tarifverträge über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden des Einzelhandels Baden-Württemberg vom 24.06.1998 sowie vom 05.08.1999 (ETV) Anwendung (ABl. 120, 121 Bd. II). Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der für Baden-Württemberg geltenden „einschlägigen Tarifverträge” vereinbart (ABl. 53 Bd. II).
Die Klägerin begehrt die Eingruppierung nach der Beschäftigungsgruppe III für Gehaltsbezieher. Sie ist der Auffassung, der Markt der Beklagten in B. sei ein Verbrauchermarkt im Sinne der Beschäftigungsgruppe III.
Die Beklägerin hat beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 4.313,40 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag aus jeweils DM 309,40 seit dem 01.11.1998, dem 01.12.1998, dem 01.01.1999, dem 01.02.1999, dem 01.03.1999, dem 01.04.1999, dem 01.05.1999, dem 01.06.1999 und dem 01.07.1999 sowie aus jeweils DM 382,20 seit dem 01.08.1999, dem 01.09.1999, dem 01.10.1999 und dem 01.11.1999 zu zahlen.
- Es wird festgestellt, daß die Klägerin ab dem 01.11.1999 nach der Vergütungsgruppe III/1 des Tarifvertrages über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütung und Sozialzulagen für die Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden des Einzelhandels in Baden-Württemberg zu vergüten ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Markt in B. sei aufgrund seiner Größe, der Vielzahl von Angeboten, der Preispolitik, der Serviceleistungen und Werbeaktivitäten kein Verbra...