Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.11.1998; Aktenzeichen 3 Ca 3628/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30. November 1998 – 3 Ca 3628/98 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Wert des Gegenstands im 2. Rechtszug: 235.894,00 DM
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob sich die Beklagte wirksam zur Zahlung eines Betrags von 250.000 DM an die Klägerin verpflichtet hat.
Die Beklagte war bei der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit ca. 30 Jahren als Bäckereiverkäuferin tätig. Ihr monatliches Nettoeinkommen belief sich bei einer Vier-Tage-Woche zuletzt auf ca. 1.600 DM. Zwischen den Geschäftsführerinnen der Klägerin und der Beklagten hatten enge freundschaftliche Beziehungen bestanden.
Nach entsprechenden Hinweisen durch eine Kundin im November 1997 ließ die Klägerin im Januar 1998 im Verkaufsraum, in dem die Beklagte beschäftigt war, zu deren Beobachtung eine Videokamera installieren. Auf den Videoaufnahmen war – dies ist insoweit unstreitig – zu erkennen, dass die Beklagte mehrfach in die Kasse griff und Geldscheine in ihre Schürzentasche steckte.
Nach viertägiger Beobachtung wurde die Beklagte aus dem Laden heraus zu einem Gespräch in die Wohnung einer der Geschäftsführerinnen gebeten. Als sie dort erschien, waren bereits die drei Geschäftsführerinnen sowie der Sohn der Geschäftsführerin Frau S. und die Ehemänner der beiden anderen Geschäftsführerinnen anwesend. Geführt wurde das Gespräch durch den nachmaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Der Verlauf des Gesprächs ist zum Teil streitig. Unstreitig jedoch stritt die Beklagte zunächst jede Wegnahme von Geld ab. Nachdem ihr ein Teil der Videoaufnahmen vorgespielt worden war, räumte sie jedoch ein Fehlverhalten dem Grunde nach ein. Als Motiv gab sie an, sie sei von der Geschäftsführerin Frau S. nicht voll anerkannt worden. Auf Grund entsprechender Vorabinformation durch die Klägerin rechnete der Klägervertreter den mutmaßlichen Schaden hoch und bezifferte ihn für einen Zeitraum von fünf Jahren mit 250.000 DM. Vor die Alternative gestellt, ob sie sich gütlich einigen oder aber eine polizeiliche und staatsanwaltliche Untersuchung des Falles bevorzuge, vertrat die Beklagte zunächst die Auffassung, so viel sei es nichtgewesen, erklärte aber dann ihre Bereitschaft, sich gütlich einigen zu wollen. Hierauf setzte der Klägervertreter handschriftlich eine Erklärung auf (Fotokopie Bl. 15 d.A.), die die Geschäftsführerinnen der Klägerin und anschließend die Beklagte unterzeichneten. Diese mit dem Wort Vereinbarung überschriebene Erklärung hat folgenden Wortlaut:
Vereinbarung
zwischen
Fa S. GmbH, vertreten
durch Fr. D. S.
„ M. H.
„ S. P. u.
Frau U. A.
1) Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wird mit sofortiger Wirkung aufgelöst.
2) Frau A. bez. an die Fa S. GmbH DM 250.000,– (zweihundertfünfzigtausend)
In der Folge weigerte sich die Beklagte, diesen Betrag an die Klägerin zu bezahlen. Vielmehr erklärte sie mit Schreiben vom 10.2.1998 (Fotokopie Bl. 6 d.A.) die Anfechtung ihrer Erklärung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung und stützte ihre Weigerung weiterhin auf die Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Erklärung wie auch wegen Sittenwidrigkeit der Vereinbarung. Anlässlich eines Einigungsversuchs zwischen den Parteien überbrachte die Beklagte der Klägerin am 11. März 1998 einen Betrag von 11.230,00 DM, den sie in ihrem Weißzeugschrank verborgen hatte und der nach ihren Angaben den gesamten von ihr aus der Kasse entwendeten Betrag ausmachen sollte. Mit der Klage verfolgt die Klägerin den von der Beklagten anerkannten Betrag abzüglich der Summe, die sie der Klägerin überbrachte sowie ihrer restlichen Vergütungs- und Urlaubsabgeltungsansprüche.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug folgenden Antrag gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 235.894,– nebst 9 % Zinsen seit 10.02.1998 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Ausführungen der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 63 bis 69 d.A.).
Mit Urteil vom 10. November 1998 hat das Arbeitsgericht der Zahlungsklage stattgegeben. Es vertritt in diesem Urteil die Auffassung, dass sämtliche Einwendungen der Beklagten gegen die Wirksamkeit des Schuldanerkenntnisses nicht durchgreifen könnten. Wegen der Einzelheiten der Ausführungendes Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil (Bl. 69 bis 78 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses der Beklagten am 29. Dezember 1998 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 28.01.1999, bei Gericht am selben Tag in Telekopie eingegangen, Berufung eingelegt, die sie mit am 29. März 1999 in Telekopie eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag innerhalb der verlängerten (vgl. Verfügung vom 25.02.99 – Bl. 49 d.A.) Begründungsfrist ausgeführt hat. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die streitgegenständ...