Entscheidungsstichwort (Thema)
Schriftform einer Befristungsabrede. Abgrenzung zu BAG vom 01.12.2004– 7 AZR 198/04 – und vom 16.03.2005 – 7 AZR 289/04
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Formabrede nach § 154 Abs. 2 BGB kann durch schlüssiges Verhalten getroffen werden und ist bei wichtigen und langfristigen Verträgen widerleglich zu vermuten. Soll die Beurkundung hingegen nur Beweiszwecken dienen, so ist § 154 Abs. 2 BGB nicht anwendbar. Führen die Parteien einen mündlich geschlossenen Vertrag einvernehmlich durch, so gilt die Zweifelsregel des § 154 Abs. 2 BGB ebenfalls nicht.
2. Bei Unterzeichnung einer Befristungsabrede im Laufe des ersten Arbeitstages wird regelmäßig nicht zuvor ein Arbeitsverhältnis auf Grundlage mündlicher Abrede begründet.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 4; BGB § 126 Abs. 2, § 154 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 23.02.2006; Aktenzeichen 2 Ca 305/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 23.02.2006 – 2 Ca 305/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen aufgrund arbeitsvertraglicher Befristung mit Ablauf des 30.06.2005 geendet hat.
Der am 31.01.1982 geborene, ledige Kläger ist bei der Beklagten seit 01.09.1999 beschäftigt. Ausweislich des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags belief sich seine Bruttomonatsvergütung auf EUR 2.069,77 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 29,75 Stunden.
Vom 01.09.1999 bis 15.01.2003 absolvierte der Kläger bei der Beklagten eine Ausbildung als Industriemechaniker. Am 14.01.2003 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 16.01.2003 bis 31.01.2004. Die Beschäftigung erfolgte als Facharbeiter im Werk W.. Am 08.10.2003 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 03.11.2003 bis 31.12.2004. Die Beschäftigung erfolgte als Facharbeiter im Werk R. II, Werkstatt 078130.
Ende November 2004 informierte der zuständige Meister des Klägers diesen darüber, dass eine Weiterbeschäftigung auf dem bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich sei. Der Kläger telefonierte daraufhin Ende November 2004 mit dem zuständigen Personalreferenten, Herrn F. Dieser erklärte dem Kläger, dass eine befristete Weiterbeschäftigung in der Werkstatt 078410 möglich sei. Herr F. erläuterte dem Kläger auch das in dieser Werkstatt angewandte Schichtmodell. Der Kläger und Herr F. vereinbarten, dass sich der Kläger bei seinem zukünftigen Meister, Herrn St. vorstellen solle. Der Kläger nahm den Vorstellungstermin absprachegemäß wahr.
Unter dem Datum des 06.12.2004 erstellte Herr F. einen schriftlichen Arbeitsvertrag in Form eines Anschreibens an den Kläger. Der Arbeitsvertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Wir stellen Sie als Produktionsfacharbeiter für unser R. Werk II in der Werkstatt 078410 ein. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01. Januar 2005 und endet am 30. Juni 2005, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Die Einstellung erfolgt befristet nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz, aufgrund des Besuches der Technikerschule einer unserer Mitarbeiter (Personalnummer: 6194906).
…
Diesen Vertrag erhalten Sie in doppelter Ausfertigung. Senden Sie uns bitte die Kopie möglichst bald unterschrieben zurück.”
Im Anschriftenfeld trug das Schreiben die Straßenangabe „Wh Str. 29” in Stuttgart. Die zutreffende Angabe lautete „W Str. 29”.
Herr F. unterrichtete den im Betrieb gebildeten Betriebsrat über die beabsichtigte Weiterbeschäftigung des Klägers. Er gab die Weiterbeschäftigung am 17.12.2004 in das Personaladministrationssystem der Beklagten ein. Gemäß Arbeitsanweisung ist der Sachbearbeiter verpflichtet, gleichzeitig den schriftlichen Arbeitsvertrag an den betreffenden Mitarbeiter zu versenden.
Im Zusammenhang mit den Vertragsgesprächen telefonierte der Vater des Klägers am 01.12.2004 mit Herrn F. und im Laufe des Dezember 2004 mit der Vorsitzenden des Personalausschusses des Betriebsrats. Der Inhalt dieser Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. Zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt erhielt der Kläger von einer Mitarbeiterin der Personalabteilung die Mitteilung, dass er seine Arbeit am 04.01.2005 um 14:00 Uhr antreten solle.
Am Vormittag des 04.01.2005 zwischen 10:00 Uhr und 11:00 Uhr (Die Beklagte hat diesen Termin als nicht nachvollziehbar bezeichnet.) entnahm der Kläger das Schreiben der Beklagten vom 06.12.2004 dem Briefkasten. Er nahm den Arbeitsvertrag an seine neue Arbeitsstelle mit. Zu welchem Zeitpunkt der Kläger den Arbeitsvertrag unterzeichnete, ist zwischen den Parteien streitig. Kurz nach Aufnahme der Tätigkeit wurde der Kläger von dem TOP-Teamleiter gefragt, ob er den Arbeitsvertrag dabei habe. Der Kläger übergab daraufhin den Arbeitsvertrag dem Meister St.
Mit seiner am 21.07.2005 eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsve...