Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstellung eines Leiharbeitnehmers aufgrund des TV-LeiZ. Zulässigkeit der Einschränkung des Anspruchs auf Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrages gemäß Ziff. 4.1 TV-LeiZ durch Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Ziff 4.1 TV-LeiZ hat der Entleiher dem Leih-/Zeitarbeitnehmer nach 24 Monaten Überlassung einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Ein Anspruch besteht nicht, wenn im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung der Einsatz von Leih-/Zeitarbeit und die Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität geregelt ist, Ziff 4.1 iVm 3.1 TV-LeiZ.
2. Der Tarifvertrag schränkt die möglichen Regelungsgegenstände nicht ein und gibt auch keinen bestimmten Mindestinhalt der betrieblichen Regelung vor. Er enthält auch kein Zitiergebot.
3. Eine Betriebsvereinbarung zur "Festlegung der weiteren Vorgehensweise in Bezug auf den Bereich Werkssicherheit", die ua das Volumen von Leih-/Zeitarbeit und die Höchstdauer des Einsatzes und die Übernahme von Leiharbeitnehmern regelt, entspricht den Vorgaben des Tarifvertrages. Das gilt auch für eine Protokollnotiz, die entsprechende Regelungen enthält und sich als eigenständige Betriebsvereinbarung iSv § 77 BetrVG darstellt.
Normenkette
BW/TV-LeiZ Fassung: 2012-05-19; BetrVG § 77
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 23.06.2017; Aktenzeichen 9 Ca 166/16) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 23. Juni 2017 - 9 Ca 166/16 - wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien sind der Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages und die Wirksamkeit einer vorsorglich erklärten Kündigung im Streit.
Der im Juli 1990 geborene Kläger wurde im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei dem beklagten Unternehmen der Automobilindustrie im Bereich Werksicherheit als Werkfeuerwehrmann in der Zeit vom 16. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2016 eingesetzt (Arbeitsvertrag mit der A. Personaldienstleistungen GmbH vom 28. Dezember 2016 = Bl. 5ff. der Akte des Arbeitsgerichts; Einsatzmeldung vom 28. Dezember 2012 = Bl. 9 der Akte des Arbeitsgerichts).
Kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit kommt der Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit vom 19. Mai 2012 zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. - Südwestmetall - und der IG Metall Bezirk Baden-Württemberg Bezirksleitung Baden-Württemberg zur Anwendung, der auszugsweise lautet (nachfolgend: TV-LeiZ, Bl. 10ff. der Akte des Arbeitsgerichts):
3. Betriebe mit Betriebsvereinbarung
3.1 Die Betriebsparteien können im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung den Einsatz von Leih-/Zeitarbeit und die Ausgestaltung der betrieblichen Flexibilität regeln. Auf Verlangen einer Seite sind hierzu Verhandlungen aufzunehmen.
3.1.1. In dieser Vereinbarung können zum betrieblichen Einsatz von Leih-/Zeitarbeit ua. geregelt werden:
- Einsatzzwecke, Einsatzbereiche und Volumen von Leih-/Zeitarbeit
- Höhe der Vergütung der Leih-/Zeitarbeitnehmer, die in Verleihverträgen vereinbart wird (...)
- Höchstdauer des Einsatzes und Übernahmeregeln
3.1.2 ...
3.2 ...
3.3 Bestehende betriebliche Regelungen gelten als Betriebsvereinbarungen in diesem Sinne. Sie sind auf ihre Gleichwertigkeit durch die Betriebsparteien zu überprüfen.
4. Betriebe ohne Betriebsvereinbarung
4.1 Besteht keine Betriebsvereinbarung gemäß Ziffer 3, gilt Folgendes:
- Nach 18 Monaten Überlassung* hat der Entleiher zu prüfen, ob der den Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten kann
- Nach 24 Monaten Überlassung* hat der Entleiher dem Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Dieses kann nach Beratung mit dem Betriebsrat bei akuten Beschäftigungsproblemen entfallen.
Bei Unterbrechungen von weniger als drei Monaten werden Einsatzzeiten im selben Betrieb addiert.
*Beschäftigungszeiten nach den obigen Spiegelstrichen zählen ab dem Inkrafttreten des Tarifvertrages, unabhängig vom tatsächlichen Eintrittstermin vor Inkrafttreten des Tarifvertrages.
4.2 ...
Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung zur Festlegung der weiteren Vorgehensweise in Bezug auf den Bereich Werksicherheit im M-Werk M. vom 28. November 2013 (Bl. 93 der Akte des Arbeitsgerichts, nachfolgend: Betriebsvereinbarung 2013), die auszugsweise lautet:
3. Das Unternehmen ist berechtigt, bis zum 31.12.2015 im Bereich Werksicherheit bis zu 6 flexible Arbeitskräfte (Leih-AN) zu beschäftigen. 4 der zur Zeit beschäftigten Leih-AN erhalten das Angebot eines befristeten Arbeitsvertrages mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2015. Sofern diese das Angebot ablehnen, können in der gleichen Größenordnung Leih-AN beschäftigt werden. Zum 1.1.2015 erhalten 2 dieser befristet Übernommenen das Angebot einer Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
4. ...
5. ...
6. ...
7. Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft hat eine feste Laufzeit bis 31.12.2015. Mit diesem Zeitpunkt endet sie ohne Na...