Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 11.10.1995; Aktenzeichen 22 Ca 3470/95) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart vom11.10.1995 – 22 Ca 3470/95 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 18.06.1939 geborene Kläger ist seit 1964 bei der Beklagten als Zimmermann im Zeitlohn beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beidseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden Anwendung. § 6 des seit 01.04.1990 geltenden Manteltarifvertrags (MTV) lautet hinsichtlich der für den vorliegenden Fall wesentlichen Bestimmungen wie folgt:
„§ 6
Alterssicherung
6.1 Beschäftigte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens ein Jahr angehören, haben Anspruch auf Verdienstsicherung. Die tarifliche Verdienstsicherung bezieht sich nicht auf den Tariflohn/das Tarifgehalt, sondern auf den Effektivlohn/Effektivgehalt und wird wie folgt verwirklicht:
6.1.1 Der Alterssicherungsbetrag, der nach §§ 6.3 und 6.4 zu ermitteln ist, wird als Mindestverdienst garantiert.
6.1.2 Der laufende Verdienst innerhalb des nach § 6.9 zu regelnden Vergleichszeitraums wird mit dem Alterssicherungsbetrag verglichen.
6.1.3 Ist der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag, so ist ein Ausgleich bis zur Höhe des Alterssicherungsbetrags zu bezahlen.
6.2 Beginn der Verdienstsicherung
Die Verdienstsicherung beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beschäftigte das 54. Lebensjahr vollendet…
6.3Zusammensetzung und Errechnung des Alterssicherungsbetrages
Der Alterssicherungsbetrag errechnet sich wie folgt:
6.3.1 Bei Zertlohn
6.3.1.1 aus dem Monatsgrundlohn der Lohngruppe zu Beginn der Verdienstsicherung
6.3.1.2 aus der tariflichen Leistungszulage zu Beginn der Verdienstsicherung
6.3.1.3 aus der übertariflichen Zulage zu Beginn der Verdienstsicherung.
6.6 Alterssicherungsbetrag
Durch die Berechnung gemäß §§ 6.3 und 6.4.2 ergibt sich der Atterssicherungsbetrag als durchschnittlicher Monatsverdienst, bezogen auf die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit… zu Beginn der Alterssicherung.
6.6.1 Bei Beschäftigten, bei denen sich nach Eintritt der Alterssicherung das Verhältnis ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit … zur tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit (§ 7.1) ändert, ist der monatliche Alterssicherungsbetrag entsprechend umzurechnen.
6.7 Festschreibung des Alterssicherungsbetrages
Der sich aus der Berechnung nach §§ 6.3 … ergebende Alterssicherungsbetrag ist mit den dort genannten Lohnbestandteilen aufgegliedert festzuschreiben. Die Mindestverdienstgarantie (§ 6.1.1) bezieht sich auch auf diese Lohnbestandteile (einschließlich der durchschnittlichen leistungsabhängigen variablen Bestandteile des Monatslohns)”.
Mit Schreiben vom 07.06.1993 (Blatt 5 der Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Alterssicherungsbetrag setze sich ab 01.06.1993 aus DM 3.014,00 Monatsgrundlohn, DM 678,00 tarifliche Leistungszulage, DM 339.00 Sonderleistungszuschlag sowie DM 272,00 „Ausgleichszulage (9 %)” zusammen. Am 13.09.1994 schloß die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat die Bl. 7 ff. d. A., nebst Protokollnotiz Bl. 9 d. A. bildende Betriebsvereinbarung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Mit Schreiben vom 25.10.1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Monatseinkommen setze sich ab 01.10.1994 aus DM 3.074.00 Monatsgrundlohn. DM 692.00 tarifliche Leistungszulage, DM 346,00 „VSD-Sonderzulage” sowie DM 92,00 „Sonderzulage/widerruflich” zusammen. Aufgrund seiner persönlichen Wochenarbeitszeit von 33 Stunden betrage das Monatseinkommen demnach DM 3.854,00 zuzüglich DM 90,00 tariflicher Teilzeitausgleich sowie DM 20,00 Zuschlag zum tariflichen Teilzeitausgleich, insgesamt somit DM 2.964,00. Der Alterssicherungsbetrag belaufe sichauf DM 3.854,00.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagten sei es verwehrt, entsprechend der zitierten Betriebsvereinbarung seine übertarifliche Zulage von 9 % auf 3 % abzusenken. Seine tarifliche Alterssicherung führe dazu, daß nachträgliche Veränderungen im Entlohnungssystem nicht mehr zu seinen Lasten gingen. Einer Kürzung seines Alterssicherungsbetrages durch Betriebsvereinbarung stehe bereits die Sperrwirkung des Tarifvertrags entgegen. Im übrigen greife die Betriebs Vereinbarung in seinen geschützten Besitzstand ein und sei deshalb unwirksam. Die Aufrechterhaltung seines Alterssicherungsbetrages stelle auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Eine Besserstellung altersgesicherter Arbeitnehmer sei gerade eine Ausprägung des Gedankens der Alterssicherung. Die beabsichtigte Verdienstsicherung solle die älteren Arbeitnehmer in ihrem bisherigen Lebensstandard belassen. Jüngere, nicht altersgesicherte Arbeitnehmer seien nicht derart an das Unternehmen gebunden. Sie könnten eher als ältere Arbeitnehmer frei entscheiden, ob sie die Kürzung der übertarifli...