Rechtsmittel eingelegt: ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
außergerichtlicher Aufhebungsvertrag vor Ausspruch einer Arbeitgeberkündigung. Gebührenansprüche des Rechtsanwaltes
Leitsatz (amtlich)
Der auf Veranlassung des Arbeitgebers abgeschlossene Vertrag über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens fällt unter die Wertvorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO i.V.m. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; ArbGG § 12 Abs. 7 S. 1; KostO § 25 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.09.1998; Aktenzeichen 29 Ca 11401/97) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30.09.98 – 29 Ca 11401/97 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Gebührenansprüche aus seiner anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen einer außergerichtlichen Aufhebungsvereinbarung für eine ehemalige Arbeitnehmerin der Beklagten geltend.
Die Beklagte bot im Sommer 1996 Frau … damals 57 Jahre alt, schwerbehindert und seit dem 01.05.1956 bei der Beklagten beschäftigt, die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Auf dieses Angebot ging Frau … zunächst nicht ein. Zum damaligen Zeitpunkt verhandelte die Beklagte mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich, der auch einen Stellenabbau vorsah. Ab Ende 1996 verhandelte dann der Kläger als Bevollmächtigter von Frau … über eine Aufhebungsvereinbarung. Am 06.02.97 schlossen Frau B. und die Beklagte einen weitgehend vom Kläger vorformulierten Aufhebungsvertrag (Bl. 13 u. 14 d. A.), mit dem das Arbeitsverhältnis „zur Vermeidung des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung” unter Einhaltung der Kündigungsfrist und Zahlung einer Abfindung beendet wurde. Ziffer 7 dieses Aufhebungsvertrages lautet:
„Der Arbeitgeber ersetzt der Arbeitnehmerin die Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.”
Mit Schreiben vom 18.04.97 übermittelte der Kläger der Beklagten eine Kostenrechnung in Höhe von 8.790,37 DM. Die – zwischen den Parteien unstreitigen – Gebührentatbestände errechnete der Kläger aus einem Gegenstandswert von 202.910,00 DM unter Hinweis auf § 8 Abs. 2 BRAGO i. V. m. § 25 Abs. 2 KostO. Den Gegenstandswert ermittelte der Kläger aus dem Verdienst von Frau B. für die zweieinhalbjährige Restlaufzeit des Anstellungsverhältnisses bis zur Berentung und der bezahlten Abfindung. Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 03.06.97 Gebührenansprüche des Klägers in Höhe von 3.034,62 DM gegen Erteilung einer korrigierten Rechnung an. Die Gebührenansprüche errechnete die Beklagte aus einem Gegenstandswert von 19.500,00 DM gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO i. V. m. § 12 Abs. 7 ArbGG. Am 04.07.97 trat Frau B. dem Kläger ihre aus dem Aufhebungsvertrag zustehenden Erstattungsansprüche ab.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte (nur) zur Zahlung von 3.034,62 DM mit der Begründung verurteilt, dass die Tätigkeit des Klägers im Vorfeld eines möglichen Rechtsstreits erfolgt sei und der Gegenstandswert sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO i. V. m. § 12 Abs. 7 ArbGG errechne. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Seiten 4 und 5 des angefochtenen Urteils (Bl. 96 u. 97 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses dem Kläger am 13.10.98 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.11.98 eingelegte und am 12.11.98 ausgeführte Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger insbesondere vor, dass die Beklagte eine Kündigung von Frau … nicht beabsichtigt habe. Dies sei Frau … von der Beklagten bestätigt worden. Die Formulierung im Aufhebungsvertrag „zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung” habe man nur im Hinblick auf Arbeitslosengeldansprüche der Klägerin gewählt. Gegenstand seiner anwaltlichen Tätigkeit sei es gewesen, über die Auflösung eines Anstellungsverhältnisses zu verhandeln, für das eine Kündigung nicht ausgesprochen werden sollte. Eine solche vertragliche Lösung könne nur mit Zustimmung beider Parteien erreicht werden und nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sein. Deshalb komme nicht § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGO zur Anwendung, sondern die Auffangvorschrift des § 8 Abs. 2 BRAGO. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers im zweiten Rechtszug wird auf die in mündlicher Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsätze vom 12.11.98 (Bl. 117–119 d. A.) und vom 21.12.98 (Bl. 126–127 d. A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt:
Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30.09.98 – 29 Ca 11401/97 – geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den ausgeurteilten Betrag hinaus weitere DM 5.755,75 nebst 4 % Zinsen seit 10.06.1997 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf die Berufung insbesondere erwidert, dass Frau … im Sommer 1996 wegen der damaligen schlechten betrieblichen Lage und wegen ihrer häufigen krankheitsbedingten Ausfälle gekündigt werden sollte. Insbe...