Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 10.11.2000; Aktenzeichen 26 Ca 1189/00)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 10.11.2000 – Aktenzeichen 26 Ca 1189/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Entschädigung aufgrund des Tarifvertrages zur Abwendung sozialer Härten bei Rationalisierungsmaßnahmen der Druckindustrie (Rationalisierungsschutzvertrag) vom 06.07.1984 (im folgenden kurz: TV).

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Druckindustrie in der Rechtsform der GmbH, bei welchem der am 03.01.1941 geborene, verheiratete und schwerbehinderte Kläger seit März 1985 als Offsetmontierer tätig war und zuletzt DM 40,14 brutto pro Stunde bei einer Regelarbeitszeit von 38 Stunden pro Woche verdiente.

Die Beklagte stellt ihre Erzeugnisse im Offsetdruckverfahren ohne eigene Druckvorstufe her. Die für den Druckvorgang erforderlichen Druckplatten wurden bis 1995 ausschließlich manuell hergestellt. Dabei brachten die Kunden entweder fertige Filme oder aber die zu druckenden Daten wurden im Rahmen einer externen Druckvorstufe zu Filmen entwickelt. Anhand dieser Filme erstellte der Kläger zusammen mit drei Kollegen manuell die Druckvorlagen und kopierte diese sodann auf die Druckplatte. Seit 1997 nimmt die Beklagte beim Auftragseingang auch digitalisierte Daten (Übermittlung der Daten über ISDN, Internet oder Disketten) an, die bei einer Firma L & N … (im folgenden kurz Firma L & N) mit einer neu angeschafften CTP-Anlage (computer-to-plate) vollautomatisch zu einer fertigen Druckplatte verarbeitet werden. Bei diesem Verarbeitungsprozeß entfallen das Erstellen der Druckvorlagen und der manuelle Druckplattenkopiervorgang. An der Firma L & N ist der Geschäftsführer der Beklagten unstreitig als Gesellschafter beteiligt. Streitig ist indes, ob sich auch die Beklagte bei der Anschaffung der CTP-Anlage finanziell beteiligt hatte. Jedenfalls stellte die Beklagte einen ihrer Mitarbeiter, Herrn K., zur Bedienung dieser Anlage bei der Firma L & N ab und bezahlte ihn weiterhin. Diese Aufwendungen wurden mit den Werklohnforderungen der Firma L & N an die Beklagte verrechnet. Die manuelle Druckplattenfertigung wurde weiter – nebenbei – betrieben.

Nachdem sich das Aufkommen für diesen Bereich ständig reduzierte und die Stücklohnkosten – auch wegen der häufigen Fehlzeiten des Klägers – wuchsen, beschloß die Beklagte am 06.08.1999, die manuelle Druckplattenherstellung künftig extern zu vergeben und die eigene Abteilung zum 31.03.2000 zu schließen. Aus diesem Grund erhielt der Kläger die Kündigung zum 30.04.2000, welche er angenommen hat. Die manuelle Druckplattenherstellung erfolgt seit dem 01.04.2000 extern durch die Firma Offset-Studio GmbH in Stuttgart-Zuffenhausen.

Der Kläger verlangt nun von der Beklagten unter Berufung auf seinen Arbeitsvertrag vom 28.01.1985 (Anlage K 1, ArbG-Akte Blatt 9 und 10), in welchem auf die „Bestimmungen der jeweils geltenden Tarifverträge (Manteltarifvertrag und Gehaltstarifvertrag), abgeschlossen zwischen den Tarifpartnern der Druckindustrie”, Bezug genommen ist, sowie auf § 8 TV eine Entschädigung in Höhe von neun Monatslöhnen à DM 6 500,00 brutto = DM 58 500,00. Er hat deshalb am 24.07.2000 Zahlungsklage beim Arbeitsgericht Stuttgart eingelegt.

Der Kläger ist der Ansicht, daß seine Entlassung ursächlich auf die Einführung der neuen Technik der Druckplattenherstellung mittels der CTP-Anlage und gleichzeitig auf eine innerbetriebliche Maßnahme zurückzuführen sei, da die Beklagte aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verflechtung mit der Firma L & N ein Gemeinschaftsunternehmen betreibe. Die externe Vergabe der manuellen Druckplattenherstellung sei nur der logisch letzte Schritt der schon 1997 beschlossenen Verlagerung der Druckplattenherstellung auf die CTP-Technik gewesen; es habe sich um eine einheitliche unternehmerische Entscheidung gehandelt, die lediglich zeitversetzt zum Tragen gekommen sei.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Sozialabfindung im Sinne der §§ 9 und 10 KSchG in Verbindung mit § 3 Nr. 9 EStG einen Betrag von DM 58 500,00 zuzüglich 4 % Zinsen hieraus seit 22.05.2000 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils auszuschließen.

Sie vertritt die Auffassung, bei der Druckplattenherstellung durch die Firma L & N handle es sich um eine externe Auftragsvergabe. Die Fremdvergabe der manuellen Herstellung der Druckplatten habe mit der Entscheidung, die digitalisierten Daten bei der Firma L & N bearbeiten zu lassen, nichts zu tun. Im übrigen habe man 1997 noch gar nicht wissen können, mit welcher Geschwindigkeit die Technik der digitalen Druckplattenherstellung die manuellen Herstellungsmethoden verdrängen würde. Die Entscheidung zur Fremdvergabe der manuellen Tätigkeit sei ers...

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