Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachgrundlose Befristung. Wechsel des Arbeitgebers. Beibehaltung des Arbeitsplatzes. Gesetzesumgehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Anschlussverbot nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG beschränkt die sachgrundlose Befristung nur für den einzelnen Arbeitgeber, weist aber keinen Betriebsbezug auf (Anschluss an BAG, Urteil v. 10.04.2004 – 7 AZR 101/04).

2. Gleichwohl kann im Einzelfall eine Gesetzesumgehung mit der Folge der Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung vorliegen, wenn es für einen Arbeitgeberwechsel keinen anderen sachlichen Grund gibt, als eine befristete Weiterbeschäftigung auf einem bestimmten Arbeitsplatz ohne die Beschränkungen nach § 14 Abs. 2 TzBfG zu ermöglichen.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 5, § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 17.09.2004; Aktenzeichen 1 Ca 114/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2006; Aktenzeichen 7 AZR 750/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgericht Karlsruhe vom 17.09.2004 – Az.: 1 Ca 114/04 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27.04.2000 über den 30.04.2002 hinaus unbefristet fortbesteht.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen über den 30.04.2002 hinaus bestanden hat und auch inzwischen noch fortbesteht.

Die Klägerin war ab 01.05.2000 aufgrund eines schriftlichen mit der E. E.-V.ges. mbH abgeschlossenen, bis zum 30.04.2002 nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz befristeten Arbeitsvertrag vom 27.04.2000 als Junior Agent, bzw. Kundenbetreuerin beschäftigt. Der Arbeitsbereich, in dem die Klägerin eingesetzt war, wurde rückwirkend mit Wirkung ab 01.01.2001 von der E. K. GmbH übernommen, die ab diesem Zeitpunkt auch Arbeitgeberin der Klägerin war. Die E. K. GmbH ihrerseits wurde mit Wirkung vom 11.08.2004 auf die E. V.- und S.ges. mbH verschmolzen und wird seither unter dem Namen der Beklagten geführt.

Mit Schreiben vom 21.02.2002 wurde der Klägerin ein Arbeitsverhältnis mit der T. Ges. f. A. D. mbH (i.f.: T. GmbH), die ebenso wie die Beklagte und die E. K. GmbH eine 100%-ige Konzerntochter der E. E. B.-W. AG ist, angeboten. Die E. K. GmbH hatte zuvor eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt.

Unter dem 15.02.2002 schloss die Klägerin daraufhin mit Wirkung ab 01.05.2002 einen bis zum 30.04.2004 sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag mit der T. GmbH. Die Klägerin sollte als Kundenbetreuerin innerhalb des Konzerns der E. B.-W. AG und auch als Arbeitnehmerin bei anderen Unternehmen (Kunden) – auch ausserhalb ihres derzeitigen Einsatzgebietes – arbeiten. Die arbeitsvertraglichen Bedingungen für die Klägerin wie Gehalt etc. blieben im Wesentlichen unverändert. Die Gehaltsabrechnungen wurden mit unveränderter Personalnummer nach wie vor durch die E. S. GmbH erstellt.

Die T. GmbH, die inzwischen etwa 450 ihrer Mitarbeiter überwiegend an Konzerngesellschaften, seltener an Dritte überlässt, verfügt über eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Sie hat die Klägerin aufgrund einer Vereinbarung vom 06.05.2003 (vgl. ABL. 63) der E. K. GmbH zunächst vom 01.05.2002 bis 30.11.2003 und anschließend aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung bis 30.04.2004 gegen Zahlung eines monatlichen Pauschalbetrages, in dem auch evtl. Fehlzeiten berücksichtigt sind, überlassen. Die Klägerin wurde über den 30.04.2002 hinaus bis 30.04.2004 unverändert auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz bei der Beklagten, bzw. der E. K. GmbH beschäftigt.

Nachdem Ende 2003 verlautete, dass der befristete Arbeitsvertrag mit der T. GmbH nicht fortgesetzt werden sollte und die Beklagte mit Schreiben vom 18.03.2004 eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bei ihr abgelehnt hat, hat die Klägerin mit der am 25.03.2004 erhobenen Klage den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses zu der Beklagten geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, sie habe ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis bei ihrem vorherigen Arbeitgeber nur gekündigt, weil ihr letzten Endes in Aussicht gestellt worden sei, unbefristet übernommen zu werden. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der nachfolgende Vertrag mit der T. GmbH stelle eine Umgehung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes dar. Die T. GmbH sei ihr gegenüber nie in Erscheinung getreten, der Anschlußvertrag sei daher nichtig, das Arbeitsverhältnis bestehe mit der Beklagten fort.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27.04.2000 über den 30.04.2002 unbefristet weiterhin besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass eine Überprüfung des Vertrages mit der Beklagten wegen Ablaufes der Klagefrist nach § 17 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG nicht mehr möglich sei. Eine rechtsmißbräuchliche Aneinanderkettung von befristeten Arbeitsverträgen liege nicht vor...

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