Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiges Bestreiten einer erteilten Auskunft über unverfallbare Anwartschaft mit Nichtwissen. Arbeitnehmerklage auf Zahlung einer monatlichen Betriebsrente unter Bezugnahme auf dokumentierte Mitteilung der Arbeitgeberin
Leitsatz (amtlich)
Erteilt der Arbeitgeber gem. § 4 a BetrAVG eine Auskunft über die erworbene unverfallbare Anwartschaft, kann der Inhalt der Auskunft in einem nachfolgenden Prozess mit dem Betriebsrentner weder vom Arbeitgeber noch von einem Rechtsnachfolger wirksam mit Nichtwissen bestritten werden.
Normenkette
BetrAVG a.F. § 2 Abs. 6; BetrAVG § 4a; ZPO § 138 Abs. 3-4
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 29.07.2014; Aktenzeichen 5 Ca 24/14) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 29.07.2014 (5 Ca 24/14) wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm ab dem 01.10.2010 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 52,92 Euro brutto zu zahlen.
Der Kläger wurde am 14.09.1945 geboren. Sein Arbeitsverhältnis mit der M-W GmbH & Co. KG und eventueller Rechtsvorgänger bestand vom 01.09.1964 bis zum 30.04.1985.
1978/1979 informierte die Arbeitgeberin des Klägers die Belegschaft über die Versorgungsrichtlinien, die auf Grund einer Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat mit Wirkung ab dem 01.01.1978 neu geregelt worden seien. Im Anschreiben hieß es u.a.
"Wir freuen uns, daß es uns möglich war, die bereits in der Vergangenheit bestehenden Versorgungszusagen auf Alters- und Invalidenversorgung ab diesem Zeitpunkt entsprechend den nachfolgend genannten Versorgungsrichtlinien zu erhöhen."
(Zum Anschreiben und den Versorgungsrichtlinien im Einzelnen s. Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 10.10.2013, Prozessakte des Arbeitsgerichts (im Folgenden: Arb), Bl. 110 ff.).
Das Arbeitsverhältnis des Klägers und der M-W GmbH & Co. KG endete auf Grund des Aufhebungsvertrags vom 10.04.1985. Dort hießt es u.a.
"Altersversorgung
Herr Sch erhält eine schriftliche Zusage über die unverfallbare Anwartschaft zur betrieblichen Altersversorgung."
Die am 30.04.1985 vom Personalchef des Unternehmens I ausgestellte Mitteilung der M-W GmbH & Co. KG "gem. § 2 Abs. 6 BetrAVG" wies zu Gunsten des Klägers eine unverfallbare Anwartschaft auf eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 103,50 DM bei Vollendung des 65. Lebensjahres aus (s. im Einzelnen Anlage K 3 zur Klagschrift, Arb Bl. 9).
Nach dem Ausscheiden des Klägers entwickelte sich das Unternehmen wie folgt:
- Am 28.08.1986 schieden die Kommanditisten aus der Gesellschaft aus. Die Kommanditgesellschaft erlosch. Es verblieb die Komplementärin, die S GmbH, die im selben Jahr zur M GmbH umfirmierte (M alt).
- Am 21.06.1988 wurde die F AG Alleingesellschafterin der M GmbH. Durch Vertrag vom 22.12.1988 übernahm sie den Betrieb der M GmbH.
- Die F AG und die M GmbH (alt) gründeten im Dezember 1988 eine neue M GmbH, auf die die F AG mit Vertrag vom 23.12.1988 den M-Betrieb als Sacheinlage in die neu gegründete GmbH übertrug.
- Am 30.01.1989 firmierte die alte M GmbH in M Vermögensverwaltungs-GmbH um und verlegte ihren Sitz nach Düsseldorf.
- Mit Vertrag vom 03.11.1989 wurde die M Vermögensverwaltungs-GmbH auf die F AG als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen.
- Die F AG wurde 1992 in F Holding AG umbenannt. 2001 wurde die F Holding AG in die Beklagte umgewandelt.
- Die neue M GmbH führte den M-Betrieb weiter. Sie firmierte später in M F GmbH um. 2009 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Pensionssicherungsverein trat in die bestehenden Verpflichtungen aus der betrieblichen Altersversorgung ein. In einem versicherungsmathematischen Gutachten, das 2007 für die M F GmbH erstellt wurde, ist u.a. der Kläger aufgeführt (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 11.03.2014, Arb Bl. 178 ff.).
Seit dem 01.10.2010 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente. Die Klagschrift ging am 11.02.2013 beim Arbeitsgericht ein und wurde der Beklagten am 19.02.2013 zugestellt.
Der Kläger hat vorgetragen,
er habe von der M-W GmbH & Co. KG, eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Zusage erhalten, dass ihm bei Erreichen der Altersgrenze eine monatliche Betriebsrente gewährt werde. Das bestätigten sowohl der Aufhebungsvertrag als auch die Mitteilung der M-W GmbH & Co. KG vom 30.04.1985. Letztere gebe auch Auskunft über die Höhe seiner unverfallbaren Anwartschaft und damit über die Höhe seines Betriebsrentenanspruchs. Wie sich aus dem vorgelegten Anschreiben zu den Versorgungsrichtlinien ergebe, sei eine Betriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat Grundlage der betrieblichen Altersversorgung gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu Ziffer 1 wird verurteilt, an den Kläger 2.434,32 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 52,92 € seit dem 1. eines jeden Monats des Zeitraums 01.10.2010 bis 01. Juli 2014 einschließlich zu bezahlen.
- die Beklagte zu Ziffer 1 wird verurteilt, an den Kläger ab 01. August...