Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 16.07.1985; Aktenzeichen 16 Ca 288/83)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Bundeslandes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 16.7.1985 –1 b Ca 288/83– abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht mit der am 24.10.1983 eingereichten und demnächst zugestellten Klage von dem beklagten Bundesland nach erstinstanzlicher Rücknahme im übrigen noch die Zahlung eines Urlaubsgeldes für 1983 im Betrag von DM 300,–.

Die Klägerin war seit 1.1.1979 bei dem beklagten Bundesland angestellt und als Verwaltungsangestellte bei dem Finanzamt … beschäftigt. Die Parteien haben den BAT und die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge einzelvertraglich in Bezug genommen. Deshalb galt für ihr Arbeitsverhältnis auch der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 in der Fassung des 2. Änderungstarifvertrages vom 21. Mai 1980 (künftig = UrlGTV).

Er bestimmt in

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Anspruchsvoraussetzungen

(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr ein Urlaubsgeld, wenn er

  1. am 1. Juli im Arbeitsverhältnis steht und
  2. seit dem 1. Juli des Vorjahres ununterbrochen als Angestellter, Arbeiter, Beamter, Richter, Soldat auf Zeit, Berufssoldat, Auszubildender, Medizinalassistent, Praktikant, Lernschwester, Lernpfleger oder Schülerin (Schüler) in der Krankenpflegehilfe im öffentlichen Dienst gestanden hat und
  3. mindestens für einen Teil des Monats Juli Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge hat.

Ist die Voraussetzung des Unterabsatzes 1 Nr. 3 nur wegen Ablaufs der Bezugs fristen für die Krankenbezüge oder wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld nicht erfüllt, genügt es, wenn ein Anspruch auf Bezüge für mindestens drei volle Kalendermonate des ersten Kalenderhalbjahres bestanden hat.

Ist nur wegen Bezuges von Mutterschaftsgeld auch die Voraussetzung des Unterabsatzes 2 nicht erfüllt, ist dies unschädlich, wenn die Angestellte in unmittelbarem Anschluß an den Ablauf der Schutzfristen bzw. an den Mutterschaftsurlaub nach dem Mutterschutzgesetz die Arbeit wieder aufnimmt.”

Die Klägerin befand sich vom 2.1.1983 an in der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MSchG. Sie hat am 22.2.1983 entbunden und befand sich im Anschluß an die Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 MSchG im Mutterschaftsurlaub. Auf dessen Ende hat sie ihren Anstellungsvertrag mit Schreiben vom 8.5.1983 gekündigt, weshalb dieser mit Ablauf des 21.8.1983 aufgelöst wurde.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes seien erfüllt.

Sie hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, DM 300,– Urlaubsgeld zu zahlen.

Das beklagte Bundesland hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Ansicht vertreten, für das Klagbegehren gebe es keine Rechtsgrundlage.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 16.7.1985 (ABl. 36/41), auf das verwiesen wird, der Klägerin DM 300,– brutto zugesprochen. Es hat die Berufung zugelassen. Gegen dieses ihm am 5.8.85 (ABl. 43) zugestellte Urteil hat das beklagte Bundesland am 23.8.1985 Berufung eingelegt. Mit dem am 20.9.1985 ausgeführten Rechtsmittel, das die unrichtige Auslegung des Tarifvertrages rügt, wird weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.

Das Gericht hat im Einverständnis mit den Parteien beschlossen, gemäß § 128 Abs. 2 ZPO zu entscheiden.

Das beklagte Bundesland beantragt mit Berufungsschriftsatz vom 21.8.1985

das am 16. Juli 1985 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Ulm (1 b Ca 288/83) wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 27.8.1985

die Berufung zurückzuweisen,

denn das angefochtene Urteil sei rechtens.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zufolge Zulassung durch das Arbeitsgericht an sich statthafte und auch im übrigen zulässige Berufung des beklagten Bundeslandes hat Erfolg; für das Klagbegehren gibt es keine Rechtsgrundlage.

A) Die Klage ist in der Fassung, die der Sachantrag durch den Urteilsausspruch erfahren hat, zulässig.

B) Die Klage ist nicht begründet.

Als Anspruchsgrundlage kommt allein in Betracht § 611 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 UrlGTV. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht sämtlich erfüllt.

I. 1. Die Klägerin stand am 1.7. des Kalenderjahres 1983 in einem Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Bundesland. Seinerzeit befand sie sich zwar im sogenannten Mutterschaftsurlaub (§ 8a MSchG), doch führt dieser nach zutreffender h.A. nicht zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsvertrages. Danach ist die Anspruchsvoraussetzung nach § 1 Abs. 1 UA 1 Nr. 1 UrlGTV erfüllt.

2. Das gilt ebenso für diejenigen nach UA 1 Nr. 2 a.a.O., denn die Klägerin stand schon seit dem 1.1.1979 ununterbrochen als Angestellte im Dienste des beklagten Bundeslandes.

II. Diese Bestimmung verlangt außerdem, der Angestellte müsse mindestens für einen Teil des Monats Juli (im maßgebenden Kalenderjahr) Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder K...

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