Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfolgen der außerplanmäßigen Anhebung der B eitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicheruung im Jahr 2003 hinsichtlich der Berechnung einer Betriebsrente
Leitsatz (amtlich)
1. Versorgungsordnungen mit einer "gespaltenen Rentenformel" sind durch die außerplanmäßige Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze um 500 EUR im Jahre 2003 nach § 275 c SGB VI regelmäßig lückenhaft geworden und entsprechend dem urspünglichen Regelungsplan zu ergänzen.
2. Danach berechnet sich die Betriebsrente ohne Berücksichtigung der außerplanmäßigen Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze.
3. Beschränkt sich eine im Arbeitsvertrag enthaltene "Jeweiligkeitsklausel" auf eine Verweisung auf eine Versorgungszusage, ohne selbst eine von dieser abweichende Regelung zu beinhalten, so sind die Voraussetzungen für eine Änderung der Versorgungszusage von deren Rechtscharakter abhängig.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; SGB VI § 275c
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 20.07.2011; Aktenzeichen 30 Ca 9515/10) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 20.07.2011 - 30 Ca 9515/10 - abgeändert:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.428,59 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB jeweils aus 194,00 EUR brutto ab 01.09.2007, 01.10.2007, 01.11.2007, 01.12.2007 und 01.01.2008 sowie jeweils aus 195,00 EUR brutto seit dem 01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008, 01.05.2008, 01.06.2008, 01.07.2008, 01.08.2008, 01.09.2008, 01.10.2008, 01.11.2008, 01.12.2008, 01.01.2009, 01.02.2009, 01.03.2009, 01.04.2009, 01.05.2009, 01.06.2009, 01.07.2009, 01.08.2009, 01.09.2009, 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009 sowie 01.01.2010, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010 und 01.01.2011 sowie aus 202,27 EUR brutto seit dem 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011, 01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012, 01.02.2012, 01.03.2012, 01.04.2012, 01.05.2012 und 01.06.2012 zu bezahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich, jeweils zum Monatsende, über die gezahlte Betriebsrente von 5.494,58 EUR brutto hinaus ab Juni 2012 weitere 202,27 EUR brutto und ab August 2012 181,05 EUR brutto zu bezahlen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger seit dem 01.08.2007 zustehenden Alterspension.
Der am 0.0.1949 geborene Kläger war vom 01.01.1978 bis zum 31.07.2007 auf der Grundlage eines Vertragsangebotes der H. P. GmbH vom 19.10.1977, das vom Kläger angenommen wurde (Bl. 129 - 131 Akte ArbG) bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Darin heißt es ua.:
"Als weitere Leistungen bieten wir Ihnen zu den jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen:
...
- Nach einjähriger Betriebszugehörigkeit eine Zusage über Versorgungsleistungen gemäß unseres betrieblichen Pensionsplanes. Dieser Plan sieht neben einer Altersrente auch Invaliden-, Witwer- bzw. Witwen- und Waisenrenten vor.
Außerdem können Sie unter bestimmten Voraussetzungen eine Abfindung beim Ausscheiden aus dem Betrieb erhalten.
..."
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(vgl. Bl. 129, 130 Akte ArbG). |
Unter dem Datum 28.07.2006 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag (Bl. 234 - 236 Akte ArbG). Seit dem 01.08.2007 erhält der Kläger von der Beklagten eine monatliche Alterspension zunächst in Höhe von 5.253,00 EUR brutto, ab dem 01.01.2008 in Höhe von 5.297,00 EUR brutto und ab dem 01.01.2011 in Höhe von 5.494,58 EUR brutto, zahlbar zum Monatsletzten.
Der Alterspensionsanspruch des Klägers basiert auf dem Pensionsplan (PPL) der H.-P. GmbH vom 30. Juni 1982 (vgl. Bl. 132 - 150 Akte ArbG). Der PPL, der rechtlich eine Gesamtzusage darstellt, lautet auszugsweise wie folgt:
"Art.II
Voraussetzungen für Pensionsleistungen
Pensionsleistungen (Alterspension, Invalidenpension, Witwen/Witwerpension, Waisenpesnion) werden gewährt, wenn der Mitarbeiter
a)
...
b)
eine Wartezeit von einem vollen Dienstjahr erfüllt hat und
c)
...
d)
die weiteren Voraussetzungen dieses Pensionsplans erfüllt.
Art. IV
Pensionsfähige Bezüge
1)
Als pensionsfähige Bezüge gilt der 13-fache monatliche Durchschnitt der Grundbezüge, die der Mitarbeiter in den letzten 2 Jahren unmittelbar vor dem Ausscheiden von der Firma bezogen hat. ...
2.
Die pensionsfähigen Bezüge werden unterteilt in
a)
den Teil bis zu der im Zeitpunkt des Eintritt des Versorgungsfalles geltenden jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) und gegebenenfalls
b)
den diese jährliche BBG übersteigenden Teil.
...
Art. V
Alterspension
1)
Eine Alterspension erhalten Mitarbeiter, die nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus den Diensten der Firma ausgeschieden sind.
2)
Die Alterspension wird auf der Basis der anrechenbaren Dienstzeit (Artikel III) und der pensionsfä...