Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich für über die individuell geschuldete Arbeitszeit hinausgehende Betriebsratstätigkeit von teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedern
Leitsatz (amtlich)
1. Nach den Bestimmungen des BetrVG erhalten die Mitglieder des Betriebsrats weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung.
2. Das Lohnausfallprinzip, welches auf § 37 Abs. 2 BetrVG und dem Grundsatz der Ehrenamtlichkeit gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG folgt, gilt uneingeschränkt und wird auch nicht von der Vorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG durchbrochen (Fortführung von BAG, Urteil vom 5.3.1997 – 7 AZR 581/92).
3. § 37 Abs. 3 BetrVG betrifft nur die betriebsbedingte zeitliche Verlagerung der Betriebsratstätigkeit. Zusätzliche Vergütungsansprüche für Betriebsratsmitglieder, die über ihre individuell geschuldete Tätigkeit hinaus für den Betriebsrats tätig sind, lassen sich hieraus nicht herleiten.
Normenkette
BetrVG §§ 37-38
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 28.11.1995; Aktenzeichen 2 Ca 374/94-FR) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 28.11.1995 – 2 Ca 374/94– wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Freiburg vom 28.11.1995 – 2 Ca 374/94 unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 12.217,50 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus DM 4.968,– brutto ergebenden Nettobetrag seit 17.6.1994 und aus dem sich aus DM 7.249,50 brutto ergebenden Nettobetrag seit 12.5.1995 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Der Kläger trägt 8/11 und die Beklagte trägt 3/11 der Kosten des Verfahrens.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Vergütung für außerhalb der persönlichen Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Zeitungszusteller beschäftigt. Die persönliche Arbeitszeit des Klägers betrug im hier maßgeblichen Zeitraum von Januar 1993 bis einschließlich Dezember 1994 2,25 Stunden arbeitstäglich bei einer 6-Tage-Woche (vgl. Sitzungsprotokoll vom 14.10.1997, ABl 369), wobei die Arbeit zwischen 03.00 Uhr nachts und 07.00 Uhr morgens erledigt wurde. Seit Mai 1992 ist der Kläger Mitglied des 15-köpfigen Betriebsrats und gehört dem Betriebsausschuß an. Er ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und im wesentlichen befaßt mit den Arbeiten in den Bereichen Unfallverhütung, Gesundheitsvorsorge, Schwerbehindertenvertretung, Zusammenstellung und Aufstellung der Tätigkeitsberichte, Aufstellung und Fortentwicklung der Geschäftsordnung des Betriebsrats, des Betriebsausschusses und des Wirtschaftsausschusses, Teilnahme an Betriebsversammlungen sowie allgemeine Büroarbeiten wie Verfassen und Fertigen von Schriftstücken, Verhandlungen mit Behörden und mit der Gewerkschaft IG Medien. Die vom Kläger zu erledigenden Betriebsratsaufgaben werden ausschließlich außerhalb seiner zwischen 03.00 Uhr und 07.00 Uhr liegenden persönlichen Arbeitszeit ausgeübt, da während seiner persönlichen Arbeitszeit weder die Geschäftsführung noch die Vertriebsinspektoren noch die Zusteller noch sonstige Dritte erreichbar sind. Mit Schriftsatz vom 18.4.1997 (ABl 258 bis 264), auf den Bezug genommen wird, hat der Kläger seine Betriebsrats- und Wahlvorstandstätigkeit im einzelnen nach Tagen (insgesamt 291 Tage) und nach Stunden dargelegt. Die Beklagte hat insoweit in der Berufungsverhandlung vom 14.10.1997 ausdrücklich zu Protokoll (ABl 369) erklärt, soweit der Kläger nicht mehr Betriebsratsmehrarbeit behaupte, als seiner individuellen Arbeitszeit von zwei Stunden und 15 Minuten täglich entspreche, werde deren Erforderlichkeit nicht bestritten. Die Entlohnung der Zusteller erfolgt nach der Zahl der zuzustellenden Zeitungen und Prospekte (sog. Stücklohnsystem), wobei sich umgerechnet auf die individuelle Arbeitszeit beim Kläger bis 18.4.1994 ein Stundenlohn von DM 12,– brutto und ab 19.4.1994 ein Stundenlohn von DM 18,– brutto ergibt. Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe 1993 insgesamt 1483 Stunden und 40 Minuten und bis Dezember 1994 weitere 1357 Stunden erforderliche und noch nicht abgegoltene Betriebsratstätigkeit, ferner 57 Stunden Wahlvorstandstätigkeit durchgeführt, die ihm von der Beklagten zu vergüten seien, da diese stets außerhalb seiner individuellen Arbeitszeit habe durchgeführt werden müssen. Hinzu kämen Überstundenzuschläge, soweit er täglich mehr als acht Stunden Betriebsratstätigkeit geleistet habe. Seine bei der Beklagten eingereichten Nachweise seien nie beanstandet worden, so daß die Beklagte nunmehr nicht die Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit in Abrede stellen könne. Auch habe der frühere Geschäftsführer der Beklagten Herr Müller ausdrückl...