Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsbeihilfe, Musterberechtigung
Leitsatz (amtlich)
Eine Kostenbeteiligungsklausel, wonach der Arbeitnehmer 1/3 der Kosten für den Erwerb einer flugverkehrsrechtlichen Musterberechtigung zu tragen hat, ist rechtsunwirksam.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 13.04.1999; Aktenzeichen 11 Ca 6207/98) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 13.04.1999 – Az.: 11 Ca 6207/98 – abgeändert:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 18.000,00 nebst 4 % Zinsen seit 31.07.1999 zu bezahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte zur Zurückzahlung eines Kostenbeitrags verpflichtet ist, den der Kläger zu Beginn des Arbeitsverhältnisses für den Erwerb einer flugverkehrsrechtlichen Musterberechtigung an die Beklagte gezahlt hat.
Der am … geborene Kläger war vom 12.08.1996 bis 15.04.1998 bei der Beklagten zuletzt als Kopilot beschäftigt. Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Stuttgart, die im Auftrag der … Linienflugdienste durchführt. Sie beschäftigt in der Regel 260 Arbeitnehmer. Die Flugzeugflotte der Beklagten besteht aus 11 Propeller-Flugzeugen des Typs „Fokker 50”. Dieser Flugzeugtyp wird speziell von kleineren Fluggesellschaften zu Kurzstreckenflügen eingesetzt. Europaweit sind ca. 60 Flugzeuge dieses Typs im Einsatz.
Vor Eintritt in das Arbeitsverhältnis hatte der Kläger die Erlaubnis für Verkehrsflugzeugführer erworben. Er hatte diese Ausbildung auf eigene Kosten (ca. DM 125.000,00) absolviert. Nach dem Erwerb der Verkehrsflugzeugführerlizenz (ATPL) trat der Kläger auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 11.07.1996 bei der Beklagten ein und begann eine Ausbildung zum Erwerb der Musterberechtigung für den Flugzeugtyp „Fokker 50”. Die Beklagte hatte sich am 22.04.1996 mit der … auf die Miete der bislang bei der … eingesetzten 11 „Fokker 50”-Flugzeuge geeinigt. Sie erhielt von der … einen Betrag von DM 5.614.994,00 an Umstellungskosten. Gleichzeitig war die Beklagte mit der … übereingekommen, den Betrieb der in der Vergangenheit von der Beklagten eingesetzten Dash 8-300-Flugzeuge einzustellen und den damit erforderlichen Erwerb der Musterberechtigung für den neuen Flugzeugtyp solange durch die … durchführen zu lassen, bis die Trainingskapitäne der Beklagten über die erforderlichen Kenntnisse verfügten. Ob und in welcher Höhe der Beklagten für dieses Flugtraining Kosten entstanden sind, ist zwischen den Parteien streitig.
Im Arbeitsvertrag vom 11.07.1996 regelten die Parteien den Erwerb der Musterberechtigung durch den Kläger in folgenden Punkten;
6.1 Herr …trägt einen Teil der Kosten für das Type-Rating. Er begleicht dazu vor Antritt der. Ausbildung eine Rechnung über DM 18.000,–.
13.1 Das Anstellungsverhältnis beginnt mit dem Eintrag der Typenberechtigung für Piloten.
15.1 Muß die Ausbildung aus Gründen abgebrochen werden, die Herr … zu vertreten hat (z. B. mangelnde Qualifikation), und kommt damit das Anstellungsverhältnis nicht zustande, zahlt er die bis dahin im Rahmen der Ausbildung entstandenen Kosten. Ein etwa verbleibender Rest aus dem geleisteten Eigenanteil an Ausbildungskosten wird zurückbezahlt.
15.2 Endet das Anstellungsverhältnis vor Ablauf von 36 Monaten ab Eintragung des Type-Rating aus Gründen, die Herr … zu vertreten hat, zahlt er je Monat, der zu dieser Frist fehlt. DM 1.000,– anteilige Ausbildungskosten zurück. Ein etwa verbleibender Rest aus dem geleisteten Eigenanteil an Ausbildungskosten wird zurückbezahlt.
Der Kläger zahlte den Beitrag an den Kosten der Ausbildung in Höhe von DM 18.000,00 aufgrund einer Rechnung der Beklagten vom 30.07.1996. Das Training zum Erwerb der Musterberechtigung begann am 12.08.1996. Der Kläger absolvierte ein theoretisches und praktisches Flugtraining, u. a. im Flugsimulator bei der FSC Friendship Simulation Company in Maastrich. Anfang Oktober 1996 schloss der Kläger das Training ab und erwarb die Musterberechtigung für den Flugzeugtyp „Fokker 50”. Hieran schloss sich eine Supervisions-Phase an, die ca. 100 Flugstunden umfasste. Während dieser Zeit unterlag der Kläger gravierenden Einsatzbeschränkungen. Während der ersten Monate des Arbeitsverhältnisses belief sich die Vergütung des Klägers auf DM 2.000,00 brutto.
Ab dem 02.01.1997 wurde der Kläger im regulären Passagierverkehr als Kopilot bei der Beklagen eingesetzt. Sein Gehalt steigerte sich auf DM 3.700,00 und zuletzt auf rd. DM 4.600,00,00 brutto. Am 15.04.1998 schlossen die Parteien auf Bitte des Klägers einen Aufhebungsvertrag ab. Hiernach stimmte die Beklagte einer vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.04.1998 zu. Zu den finanziellen Ansprüchen beider Parteien enthält der Aufhebungsvertrag unter Ziffer 2 folgende Regelung:
… und Herr … vereinbaren Gehalts-, Spesen- und Mehrflugstunden-Verzicht für die Zeit vom 01.03.1998–15.04.1998. Damit sind jedwed...