Entscheidungsstichwort (Thema)

Zitiergebot und Verlängerung der Befristung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die bloße Verlängerung eines erstmals sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses bedarf nicht der erneuten Beachtung der Form der Protokollnotiz Nr. 6 zu Nr. 1 SR 2y BAT.

2. Wenn durch Landesgesetz eine Verwaltungsaufgabe vom Bundesland auf den Landkreis übertragen wird, kann mit einem vom Bundesland befristet eingestellten Arbeitnehmer vom Landkreis ein wirksam sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 TzBfG begründet werden.

3. Ob durch Art. 8 § 2 b.w. VRG § 613a BGB umgangen wird, ist nicht zu entscheiden, da das Arbeitsverhältnis zum Bundesland zum Zeitpunkt eines etwaigen Betriebsübergangs aufgrund Befristung geendet hat.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2; BAT SR 2y Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 04.05.2006; Aktenzeichen 15 Ca 682/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 04. Mai 2006 – 15 Ca 682/06 – abgeändert:

  1. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug: 5.400,00 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin war seit dem 01. Januar 2005 als vollbeschäftigte Angestellte bei dem beklagten Landkreis als Verwaltungsangestellte im „Versorgungsamt S.” angestellt. Die Aufgaben des bisherigen Versorgungsamts S. als untere Verwaltungsbehörde des Landes Baden-Württemberg gingen aufgrund des baden-württembergischen Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur-Reformgesetz – VRG, GBI. Baden-Württemberg 2004, 469 ff.) vom 01. Juli 2004 mit Wirkung vom 01. Januar 2005 auf den Beklagten über (Art. I Abs. 4 VRG). Vergütet wurde sie nach der Vergütungsgruppe VII des einzelvertraglich in Bezug genommenen BAT. Das Bruttomonatsgehalt belief sich zuletzt auf EUR 1.800,00.

Zuvor war die Klägerin auf Grund befristeter Arbeitsverträge seit 02. Januar 2002 beim selben Versorgungsamt Stuttgart als Angestellte des Landes beschäftigt. Die letzte Befristung war dort bis zum 31. Dezember 2004 vereinbart. Gem. Art. 8 § 2 VRG waren die Stadt- und Landkreise verpflichtet, anteilig die Arbeitnehmer der Behörden, die von der gesetzlichen Aufgabenübertragung betroffen sind, mit Zustimmung des jeweiligen Fachministeriums zum 01. Januar 2005 zu übernehmen und den Betroffenen rechtzeitig Arbeitsvertragsangebote zu unterbreiten oder Angebote der Arbeitnehmer anzunehmen. Art. 8 § 2 VRG hat, soweit hier von Interesse, folgenden Wortlaut:

Artikel 8

Übernahme von Beschäftigten des Landes

§ 1 Übernahme der Beamten des Landes

§ 2 Übernahme der Angestellten und Arbeiter des Landes

(1) 1Die Stadt- und Landkreise sind verpflichtet, anteilig die Arbeitnehmer der Behörden, die von der Aufgabenübertragung nach diesem Gesetz auf die Bürgermeisterämter und Landratsämter betroffen sind, mit Zustimmung des jeweiligen Fachministeriums zum 1. Januar 2005 zu übernehmen; dies gilt nicht für die zur Ausbildung beschäftigten Arbeitnehmer und bei den Landkreisen für die den Beamten des höheren Dienstes vergleichbaren Angestellten. 2Die Stadt- und Landkreise haben ihre Verpflichtung nach Satz 1 in der Weise zu erfüllen, dass sie dem jeweiligen Arbeitnehmer rechtzeitig vor der Aufgabenübertragung ein Arbeitsvertragsangebot mindestens auf der Grundlage der nachfolgenden Absätze unterbreiten oder ein entsprechendes Arbeitsvertragsangebot des Arbeitnehmers annehmen. 3Die Fachministerien haben den Stadt- und Landkreisen entsprechende Angaben zu machen. 4§ 1 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 und Abs. 3 gelten sinngemäß.

(2) Für das Beschäftigungsverhältnis der nach Absatz 1 übernommenen Angestellten des Landes gilt für die Dauer des ununterbrochen zum Stadt- oder Landkreis fortbestehenden Arbeitsverhältnisses Folgendes:

  1. Die Übernahme erfolgt mindestens in der Vergütungsgruppe, in die der Angestellte am Tag vor seiner Übernahme eingruppiert war und im Umfang der arbeitsvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit am Tage vor der Übernahme.

Angesichts dessen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit dem Bundesland Baden-Württemberg bis zum 31. Dezember 2004 befristet war, schlossen die Parteien am 07. Dezember 2004 einen Arbeitsvertrag, der unter § 1 Bezug nehmend auf § 14 Abs. 2 TzBfG bis zum 30. Juni 2005 befristet war. In § 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten die Parteien die Anwendung der Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags, „insbesondere der Sonderregelung 2y”, in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber geltenden Fassung und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge. Wegen der weiteren Bestimmungen des Arbeitsvertrags wird inhaltlich auf die in Kopie zur Akte gereichte Vertragsurkunde (Anlage K1 – Bl. 5/6 der Akte des Arbeits...

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