Entscheidungsstichwort (Thema)
Lektoren. Persönlicher Geltungsbereich. Herausnahme bestimmter Beschäftigtengruppen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. § 3g BAT ist einschränkend dahingehend auszulegen, dass sich der persönliche Geltungsbereich des BAT auch auf Lektoren erstreckt, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen.
2. Ob die Gruppe der Lektoren bei typisierender Betrachtung durch Merkmale gekennzeichnet ist, die ihre Nichteinbeziehung in den persönlichen Geltungsbereich des BAT rechtfertigen, bedarf deshalb keiner Entscheidung.
Normenkette
BAT § 3g; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 20.06.2002; Aktenzeichen 1 Ca 48/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom20. Juni 2002 – 1 Ca 48/02 – abgeändert:
Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit 01. Oktober 1976 durchgängig der Bundesangestellten-Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung einschließlich der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen Anwendung gefunden hat und weiterhin Anwendung findet.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.
3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für das beklagte Land zugelassen.
Gegenstandswert im zweiten Rechtszug: 20.000,00 EUR
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Frage, ob auf das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen der Bundesangestelltentarifvertrag anzuwenden ist.
Der Kläger steht seit 01. Oktober 1976 beim beklagten Land als Lektor für die französische Sprache an der Universität T. einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Zuvor wurde der Kläger in dieser Funktion aufgrund befristeter Arbeitsverhältnisse seit 01. April 1970 tätig. Wegen des Inhalts des schriftlich abgefassten Arbeitsvertrags wird auf die vorgelegte Fotokopie der Vertragsurkunde vom 20.5.1970 (Bl. 5/6 der Akte des Arbeitsgerichts) Bezug genommen. Nur einzelne in § 4 der Vertragsurkunde genannte Bestimmungen des BAT wurden aber Bestandteil des Arbeitsvertrags. Allerdings wird der Kläger aufgrund eines entsprechenden Angebots des beklagten Landes nach § 46 BAT in Verbindung mit dem Versorgungstarifvertrag Leistungen aus der Zusatzversorgung erhalten. Von Anfang an erhielt er Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT.
Mit Schreiben vom 07.12.2001 (Fotokopie Bl. 7/8 der Akte des Arbeitsgerichts) machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 1999 (3 AZR 154/98) geltend, dass auf das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags sowie die ihn ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifbestimmungen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden. Das Begehren des Klägers, die tariflichen Regelungen insgesamt auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden, lehnte das Land ab.
Mit der Klage verfolgt er dieses Begehren mit Rücksicht auf die einschlägige Rechtsprechung des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts und unter Hinweis auf das Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses weiter, weil er der Auffassung ist, dass die Bereichsausnahme des § 3 Buchstabe g BAT solche Lektoren, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünden, nicht erfasse, jedenfalls diese Bestimmung aber gegen Art. 3 GG verstoße und sich auch im Übrigen als Verstoß gegen Art. 39 EG darstelle.
Der Kläger hat folgende Anträge gestellt:
Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit 01.10.1976 durchgängig der BAT in der jeweils geltenden Fassung Anwendung gefunden hat und weiterhin Anwendung findet.
Der Beklagte hat den Antrag gestellt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung des Klägers entgegengetreten und hat sich insbesondere auf die Rechtsauffassung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts berufen, wonach die Bereichsausnahme nach § 3 Buchstabe g BAT durch Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt sei.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, hinsichtlich des mit dem Klageantrag verfolgten Begehrens sei der Rechtsprechung des Vierten Senats zu folgen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter geringfügiger Erweiterung (Erstreckung auch auch auf die den Bundesangestelltentarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge) seinen Klageantrag weiter, während das beklagte Land um die Zurückweisung der Berufung des Klägers bittet.
Ergänzend wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die von den Parteien gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt mündlich vorgetragen ist, und die zu den Akten gegebenen Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache gerechtfertigt. Jedenfalls seit 01. Oktober 1976 sind die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis der Parteien in vollem Umfang anzuwenden.
D...