Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung der Wartezeit bei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen, die rechtlich unterbrochen waren
Leitsatz (amtlich)
Die Zeit der (rechtlichen) Unterbrechung zwischen zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen mit demselben Arbeitgeber ist auf die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nicht anzurechnen.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Urteil vom 24.08.1987; Aktenzeichen 3 Ca 279/87) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 24.08.87 – 3 Ca 279/87 – wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.
Tatbestand
Mit seiner Klage wendet sich der Kläger/Berufungskläger, der ab 15.12.86 und, nachdem er nach eigener ordentlicher Kündigung mit dem 14.03.87 ausgeschieden war, wieder ab 30.03.87 bei der Beklagten/Berufungsbeklagten als Kraftfahrer beschäftigt war, gegen eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, welche die Beklagte mit Schreiben vom 26.06.87, dem Kläger zugegangen am 27.06.87, aus betriebsbedingten Gründen zum 10.07.87 erklärt hat.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Kündigung sei mangels eines sie rechtfertigenden Grundes im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG rechtsunwirksam und hat die Auffassung vertreten, die Zeit vom 15.03. – 29.03.87, in der er zwei Tage bei einer anderen Spedition gearbeitet hatte und im übrigen arbeitslos war, sei in die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG mit einzurechnen.
Der Kläger hat beantragt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.06.87 beendet wurde, sondern über den 10.07.87 zu unveränderten Vertragsbedingungen hinaus fortdauert.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewendet, der Kläger könne sich nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen, weil im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die halbjährige Wartezeit noch nicht abgelaufen gewesen sei. Da der Kläger zum 14.03.87 selbst gekündigt habe und ein Arbeitsverhältnis mit einem Konkurrenzunternehmen begründet habe, liege kein verständiger Grund für eine Anrechnung der Zeit zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen auf die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes vor.
Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 16–18 d. A.) sowie auf den schriftlichen und den aus den arbeitsgerichtlichen Sitzungsniederschriften vom 15.07.87 (Bl. 5 d. A.) und 24.08.87 (Bl. 13 d. A.) ersichtlichen mündlichen Vortrag der Parteien Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 24.08.87 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 18–24 d. A.) wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Mit seiner am 01.09.87 eingelegten und am 29.09.87 begründeten Berufung wendet sich der Kläger gegen das ihm am 31.08.87 zugestellte erstinstanzliche Urteil.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter und wendet er sich gegen die rechtliche Würdigung des Arbeitsgerichts.
Er bringt vor, bei seiner rechtlichen Würdigung übersehe das Arbeitsgericht, daß zwischen der ersten und der zweiten Beschäftigungszeit bei der Beklagten ein enger sachlicher Zusammenhang bestehe. Es sei daher bei der Berechnung der Wartezeit nicht von zwei rechtlich selbständigen Arbeitsverhältnissen, sondern von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugeben, bei dem die kurzfristige rechtliche Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses auf die Wartezeit anzurechnen sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß die Beklagte ihn ab 30.03.87 zu denselben Bedingungen weiterbeschäftigt habe und ein neuer schriftlicher Arbeitsvertrag nicht ausgestellt worden sei. Die zweiwöchige Arbeitsunterbrechung sei so anzusehen, als ob er zwei Wochen unbezahlten Urlaub gehabt hätte.
Der Kläger/Berufungskläger beantragt:
- Das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 24.08.87, AZ: 3 Ca 297/87, wird abgeändert.
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 26.06.87 beendet wurde, sondern über dem 10.07.87 zu unveränderten Vertragsbedingungen hinaus fortdauert.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte/Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 24.08.87 – 3 Ca 279/87 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert, eine Vereinbarung darüber, daß die zwei Wochen, die zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen liegen, auf die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG angerechnet werde, gebe es nicht. Angesichts des Gesetzestextes könne die Zeit der Unterbrechung auf die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes ohne eine entsprechende Vereinbarung nicht angerechnet werden.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren im einzelnen wird auf die Berufungsbegründung vom 28.09.87 (Bl. 34–39 d. A.), auf die Berufungserwiderung vom 11.11.87 (Bl. 43–47 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 17.02.88 (Bl. 49 + 50 d. A.) Bez...