Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung von Sonntagsarbeit durch Weisung
Leitsatz (amtlich)
1. § 106 GewO gibt dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit, durch Weisung – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – Sonntagsarbeit anzuordnen.
2. Dafür ist es nicht erforderlich, dass diese Möglichkeit im Arbeitsvertrag dem Arbeitgeber eingeräumt ist.
Normenkette
GewO § 106; ArbZG § 9 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 19.02.2008; Aktenzeichen 12 Ca 409/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kn. Villingen-Schwenningen vom 19.02.2008, Az.: 12 Ca 409/07 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, auch an Sonntagen zu arbeiten.
Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit 01.08.1977 beschäftigt. Mit einer Ausnahmegenehmigung des Landratsamtes S. – Gewerbeaufsichtsamt wird bei der Beklagten in der Produktion derzeit auch Sonntags gearbeitet, wozu auch der Kläger in verschiedener Weise, zunächst durch Schichtpläne, später dann durch Rufbereitschaft an jedem 2. Sonntag mit erforderlichen Einsätzen im Betrieb herangezogen wird.
Bezüglich der Genehmigung des Landratsamtes wird auf den Bescheid vom 19.07.2007 Bezug genommen. Die Bewilligung der Sonntagsarbeit durch das Landratsamt ist auch darüber hinaus bis zum heutigen Tag fortgeführt worden. Die Grundlage der Erlaubnis der Sonntagsarbeit ist § 13 Abs. 4 und 5 ArbZG.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers richtet sich nach dem Arbeitsvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 06.07.1989. Unter Ziffer 2 Arbeitszeit heißt es dort:
„Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 7,4 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 37 Stunden in der Normalarbeitzeit. Eine Änderung der Arbeitszeit ist möglich. Bei dringenden betrieblichen Erfordernissen ist der Mitarbeiter verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen Mehrarbeit zu leisten.”
Im Arbeitsvertrag vom 27.06.1991 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. H. (Aktenseite 4 der erstinstanzlichen Akte) heißt es:
„Der Arbeitnehmer wird für Schichtarbeit 40 h / Woche eingestellt.”
Unter dem Datum vom 13.03.2003 unterzeichnete der Kläger mit einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Fa. B. eine „Vertragsänderung” (Aktenseite 54 der erstinstanzlichen Akte). Dort heißt es:
„Zwischen Herr M. S. und der Firma B. wird folgende Änderung des Arbeitsvertrags vom 27.06.1991 zum 01.03.2003 vereinbart:
Arbeitseinsatz: |
3-schichtig gemäß Schichtmodell B. M. |
Arbeitszeit: |
40 Std. / Woche |
Die weiteren Vertragsbestandteile des Arbeitsvertrages vom 27.06.1991 behalten weiterhin ihre Gültigkeit.”
Mit seiner am 26.10.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er nicht verpflichtet ist, Sonntags und an Feiertagen zu arbeiten.
Zur Begründung trägt er vor, sein Arbeitsvertrag sehe keine Arbeit an Sonn- und Feiertagen vor. Durch die Einführung der Arbeit an Sonn- und Feiertagen sei er ursprünglich verpflichtet gewesen, an jeweils drei Sonntagen arbeiten zu müssen und dann nur einen Sonntag frei zu haben. Hinzu komme, dass die Beklagte die Schichtpläne willkürlich ändere. Bei diesen wechselnden Arbeitszeiten könne sich der Kläger darauf nicht einstellen. Die Festlegung der Arbeitszeit müsse billigem Ermessen entsprechen. Die hier vorgenommene Festlegung entspreche keinesfalls billigem Ermessen, denn es werde keinerlei Rücksicht auf die familiären Belange genommen. Zudem habe die Beklagte nicht genug Personal, um einen 24-Stunden-Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die vom Gewerbeaufsichtsamt erteilte Genehmigung berufen, denn daraus ergebe sich keine Verpflichtung für den Kläger, Sonntagsarbeit zu leisten. Zudem sei die Sonntagsarbeit weder vom Weisungsrecht der Beklagten gedeckt, noch ergebe sich eine entsprechende Verpflichtung aus den vertraglichen Vereinbarungen. Die Beklagte könne den Kläger auch nicht darauf verweisen, dass er gegen den Bescheid des Landratsamtes selber Rechtsmittel einlegen müsse. Die Beklagte gehe selber davon aus, dass der Kläger nach den vertraglichen Regelungen nicht zur Sonntagsarbeit verpflichtet ist, denn in den neuen Arbeitsverträgen nehme sie eine Verpflichtung zur Sonntagsarbeit ausdrücklich auf. Zudem verbleibe dem Kläger aufgrund der konkreten Schichtpläne oft keine ausreichende Zeit sich zu erholen. Die Behauptungen der Beklagten zur Auftragslage sowie zu den Umständen und den Gründen für die Einführung von Sonntagsarbeit werde mit Nichtwissen bestritten.
Der Kläger hat daher vor dem Arbeitsgericht beantragt:
Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Sonntags und an Feiertagen zu arbeiten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die erteilte Genehmigung des Gewerbeaufsichtsamtes zur D...