Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Urteil vom 10.11.1995; Aktenzeichen 7 Ca 80/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.1997; Aktenzeichen 4 AZR 214/97)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 10.11.1995 – Az.: 7 Ca 80/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten, welche in der Rechtsform der GmbH & Co. KG organisiert ist, seit Juni 1984 als Elektriker beschäftigt. Er ist seit Januar 1993 Mitglied der IG Metall. Er verlangt mit der Klage eine restliche betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1994. Hierzu stützt er sich auf den Tarifvertrag über ein 13. Monatseinkommen, welcher im Jahre 1978 zwischen dem Landesinnungsverband der Elektrotechnischen Handwerke Baden-Württemberg und der Industriegewerkschaft Metall abgeschlossen wurde. Danach beträgt die Sonderzahlung für das Jahr 1994 für den Kläger unstreitig 1.603,30 DM. Die Beklagte zahlte hierauf 500,– DM als „Weihnachtsgeld”. Der Kläger verlangt den Rest von 1.103,30 DM mit der Klage.

Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei aus dem Tarifvertrage nicht „mehr” verpflichtet. Sie war unstreitig Mitglied der Elektroinnung Mannheim und trat aus dieser mit Wirkung zum 05.12.1991 aus. Der genannte Tarifvertrag über ein 13. Monatseinkommen ist bisher nicht gekündigt. Die Komplementärin der Beklagten wurde zum 01.01.1992 ihrerseits Mitglied derselben. In der mündlichen Verhandlung über die Berufung hat sie dazu ausgeführt, dieser Beitritt sei erfolgt „aus dem Bauch heraus” und „wegen emotionaler Bindung an das Handwerk”, außerdem sei die Zukunft der Arbeitnehmeüberlassung ungewiß.

Die Beklagte macht geltend, sie sei deswegen an den Tarifvertrag nicht gebunden, weil sie dem elektrotechnischen Handwerk nicht mehr angehöre. Sie betreibe vielmehr nur noch Arbeitnehmerüberlassung. Deswegen habe sie auch ihre Löschung aus der Handwerksrolle veranlaßt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage unter Hinweis auf frühere Entscheidungen der 12., 13., 16. und 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts entsprochen. Auf die Gründe wird verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie verbleibt bei ihrem tatsächlichen und rechtlichen Vorbringen und verweist ihrerseits auf das Urteil der 14. Kammer des erkennenden Landesarbeitsgerichts vom 03.11.1995 – 14 Sa 66/95 –, welches zu einem entgegengesetzten Ergebnis gekommen ist.

Dementsprechend beantragt die Beklagte mit Ausführungen, auf welche im einzelnen verwiesen wird, im zweiten Rechtszuge:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 10.11.1995 – Az.: 7 Ca 80/95 – wird abgeändert
  2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Er trägt insbesondere vor, die Beklagte beschäftigte weiterhin 73 Schlosser, 61 Elektriker und 3 Femmelder, außerdem 10 Elektrogesellen/-meister und 2 Elektrohelfer. Sie sei also weiterhin im Elektrohandwerk tätig. Dies sei nur deswegen möglich, weil die Komplementär-GmbH der Beklagten Mitglied der Elektroinnung geworden und auch in die Handwerksrolle eingetragen worden sei. Beschäftigt seien die genannten Arbeitnehmer aber bei der Beklagten, nicht bei der Komplementär-GmbH. Auch würden von ihr die Beiträge zur Elektroinnung erwirtschaftet, weil die allein gewerblich tätig sei.

Die Beklagte hat hierauf erwidert: Für die von ihr im wesentlichen allein noch betriebene Arbeitnehmerüberlassung sei eine Eintragung in die Handwerksrolle aus Rechtsgründen nicht erforderlich. Ihre Komplementär-GmbH entfalte einen – unerheblichen – eigenen Geschäftsbetrieb im Bereich des Elektrohandwerks. Dazu bediene sie sich der Arbeitnehmer der Beklagten, welche diese ihr im Rahmen der von ihr betriebenen Arbeitnehmerüberlassung zur Verfügung stelle. Eigenes gewerbliches Personal beschäftige sie nicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Sie ist an den fraglichen Tarifvertrag weiterhin gebunden und schuldet daher den Klagebetrag. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Das Gericht bleibt in dieser Hinsicht bei seiner in den Urteilen vom 22.06.1995 (13 Sa 21/95 und 13 Sa 26/95) dargelegten Auffassung und folgt darin der Ansicht der 12., 16. und 19. Kammer des erkennenden Landesarbeitsgerichts (u. a. Urteile vom 05.04.1995 – 12 Sa 25/95 – und vom 21.07.1995 – 19 Sa 56/95 –). Der entgegengesetzten Auffassung der 14. Kammer in Mannheim des erkennenden Landesarbeitsgerichts vom 03.11.1995 hingegen kann sich die erkennende Kammer nicht anschließen.

1. Es ist unerheblich, daß der Kläger seine Tarifgebundenheit erst begründet hat, nachdem die Beklagte aus der Innung und damit aus dem den Tarifvertrag abschließenden Landesinnungsverband ausgetreten war. Der Verbandsaustritt des Arbeitgebers beendet nach § 3 Abs. 3 TVG grundsätzlich nicht die Tarifbindung des Arbeitgebers. Tritt während dieses Zeitraums ein bei ihm beschäftigter Arbeitnehmer der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft bei, so erwächst eine beiderseitige Tarifbindung, so daß der Arbeitnehm...

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