Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei Schließung einer BKK kraft Gesetzes. Beendigung der Arbeitsverhältnisse ordentlich kündbarer Beschäftigter bei Schließung einer Betriebskrankenkasse. unbegründete Feststellungsklage aufgrund gesetzlich bestimmter Beendigungsfolge

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Schließung einer Betriebskrankenkasse endet das Arbeitsverhältnis eines bei einer Betriebskrankenkasse beschäftigten ordentlich kündbaren Arbeitnehmers kraft Gesetzes nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB 5 iVm. § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V.

2. Im Verhältnis zu einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer besteht keine Unterbringungsverpflichtung. Das ergibt die Auslegung des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V.

3. Die gesetzlich angeordnete Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist auch mit dem Grundgesetz vereinbar. Zwar greift die Bestimmung mit ihrer Wirkung des Arbeitsplatzverlusts in das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes ein, jedoch ist der unmittelbare Eingriff insofern gerechtfertigt, als der Gesetzgeber über die Beendigungsfolge die Sicherung des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung und damit wichtige Gemeinwohlinteressen zum Ziel hat. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und des Art. 9 Abs. 3 GG ist ebenfalls nicht gegeben.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1; SGB V § 155 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 9, § 164 Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 1; ZPO § 50 Abs. 1, § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 14.12.2011; Aktenzeichen 22 Ca 4291/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 - 22 Ca 4291/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich über die Wirksamkeit der aufgrund der Schließung der Beklagten kraft Gesetzes bestimmten Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses, hilfsweise über die Wirksamkeit einer aufgrund der Schließung vorsorglich ausgesprochenen ordentlichen Kündigung sowie über die vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 14.12.2011 das über den 30.06.2011 hinaus auf unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausgelegte zulässige Feststellungsbegehren als unbegründet abgewiesen, den hilfsweise auf den Sozialplan vom 16.06.2010 gestützten Abfindungsanspruch wegen der beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Sozialplanes mit Beschluss vom 14.12.2011 ausgesetzt und sowohl den Kündigungsschutzantrag als auch das Weiterbeschäftigungsbegehren der Klägerin als nicht zur Entscheidung angefallen bewertet. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf seine Entscheidungsgründe unter A und B Bezug genommen und verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.12.2011 zugestellte Teilurteil mit beim Berufungsgericht am 23.01.2012 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und sie mit beim Landesarbeitsgericht am 24.02.2012 eingegangenem Schriftsatz ausgeführt.

Sie rügt auf der Grundlage ihres Begründungsschriftsatzes vom 24.02.2012, dessen Inhalt Gegenstand der Berufungsverhandlung war und auf den Bezug genommen und verwiesen wird, näher bestimmt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts insbesondere insoweit, als die gesetzlich angeordnete Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhalte.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 - 22 Ca 4291/11 - wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30.06.2011 hinaus unverändert fortbesteht.

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.05.2011 nicht aufgelöst worden ist.

4. Hilfsweise wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsvertragsbedingungen als Sozialversicherungsfachangestellte bis zur Rechtskraft des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das erstinstanzliche Urteil auf der Grundlage ihres Schriftsatzes vom 26.03.2012, auf den sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 18.05.2012 Bezug genommen und verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

A. Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Nach Auffassung der Berufungskammer sprechen die besseren Gründe für die Abweisung der Klage. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist mit dem Ablauf des Tages der Schließung der Beklagten kraft Gesetzes beendet worden. Für diese Beurteilung spricht die Auslegung der einschlägigen Vorschriften. Dementsprechend ist sowohl der Kündigungsschutzantrag als auch der Wei...

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