Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweis auf tarifliche Kündigungsfristen. Gleichbehandlung zwischen Arbeitern und Angestellten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die unterschiedliche Behandlung von Arbeitern und Angestellten bei den tariflichen Grundkündigungsfristen ist im Bereich der Metall- und Elektroindustrie durch das Bedürfnis nach personalwirtschaftlicher Flexibilität in der Produktion jedenfalls dann durch hinreichend gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigt, wenn die Arbeiter auch angesichts neuartiger Fertigungsverfahren noch überwiegend in der Produktion und die Angestellten im Verwaltungsbereich tätig sind.

 

Normenkette

BGB § 622 Abs. 4, 2

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 11.07.2001; Aktenzeichen 4 Ca 179/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 11.07.2001 – 4 Ca 179/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom 30.03.2001 (Bl. 10 d. A. I. Instanz) unter Berufung auf die im Tarifvertrag vereinbarte Kündigungsfrist fristgerecht zum 14.04.2001 ausgesprochene Kündigung.

Der am xxxx1954 geborene Kläger, der keiner Gewerkschaft angehört, war seit dem 02.10.2000 als Zerspanungsmechaniker bei der Beklagten, die ein Unternehmen der Metallindustrie betreibt und Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. ist, zu einem Bruttomonatsverdienst von DM 4.350,– aufgrund Arbeitsvertrags für gewerbliche Arbeitnehmer vom 31.08.2000 (Bl. 7 – 9 d. A. I. Instanz) beschäftigt. Nach Ziffer 7 des Arbeitsvertrages unterliegt das Arbeitsverhältnis u.a. den für den Betrieb zuständigen Tarifverträgen für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (nach den Regierungsbezirken vom 31.12.1969) in der jeweils geltenden Fassung. Der seit 01.01.1997 geltende Manteltarifvertrag für Beschäftigte in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (im folgenden: MTV), der gemäß § 1.1.1 räumlich für die Regierungsbezirke Nordwürttemberg/Nordbaden des Landes Baden-Württemberg nach dem Stand vom 31.12.1969 gilt, enthält unter § 4.5 MTV zu den Kündigungsfristen u.a. folgende Regelungen:

„4.5.1

Die beiderseitige Kündigungsfrist beträgt für

4.5.1.1

Arbeiter/Arbeiterinnen

innerhalb der ersten vier Wochen Betriebszugehörigkeit eine Woche, von der fünften Woche an zwei Wochen, jeweils zum Wochenschluss;

nach einer Betriebszugehörigkeit von drei Jahren einen Monat zum Monatsende;

4.5.1.2

Angestellte

innerhalb der ersten drei Monate Betriebszugehörigkeit einen Monat zum Monatsende,

nach Ablauf der ersten drei Monate sechs Wochen zum Ende des Kalendervierteljahres.

4.5.2

Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers beträgt gegenüber dem Beschäftigten nach einer Betriebszugehörigkeit von

5 Jahren mindestens 3 Monate

8 Jahren mindestens 4 Monate

10 Jahren mindestens 5 Monate

12 Jahren mindestens 6 Monate

jeweils zum Schluss eines Kalendervierteljahres.”

In Ziffer 6 des Arbeitsvertrages vom 31.08.2000 heißt es mit § 4.5.1.1 MTV sachlich übereinstimmend:

„Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses

a) Die beiderseitige Kündigungsfrist beträgt innerhalb der ersten 4 Wochen Betriebszugehörigkeit 1 Woche zum Wochenschluss, von der 5. Woche an 2 Wochen zum Wochenschluss, nach einer Betriebszugehörigkeit von 3 Jahren 1 Monat zum Monatsende.

Nach einer Betriebszugehörigkeit von 5 und mehr Jahren bemisst sich die Kündigungsfrist des Arbeitgebers nach § 4.5.2 des geltenden Manteltarifvertrages.”

Unter Ziffer 6c) des Arbeitsvertrages ist vereinbart, dass das Beschäftigungsverhältnis befristet ist und dieses, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 31.09.2001 endet, wobei das Recht zur ordentlichen Kündigung vorbehalten worden ist.

Der Kläger ist im wesentlichen der Auffassung, bei der unter Ziffer 6a) Satz 1 des Arbeitsvertrages getroffenen Regelung handele es sich um eine gemäß § 622 Abs. 5 BGB unzulässige Individualvereinbarung, da sich gemäß Ziffer 6a) Satz 2 des Arbeitsvertrages erst nach einer Betriebszugehörigkeit von 5 und mehr Jahren die Kündigungsfrist nach § 4.5.2 MTV richten solle, der Tarifvertrag also gerade nicht insgesamt in Bezug genommen werde. Im Übrigen wäre die tarifliche Regelung der Kündigungsfrist, falls sie wirksam vereinbart wäre, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig. Mangels Einhaltung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB handele es sich daher bei der streitgegenständlichen Kündigung um eine außerordentliche Kündigung, die mangels Vorliegens von Kündigungsgründen für eine fristlose Kündigung rechtsunwirksam sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 30.03.2001 nicht zum 14.04.2001 aufgelöst worden ist, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass durch die unter Ziffern 6a) und 7 des Arb...

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