Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrarbeitszuschlag. Auslegung einer Betriebsvereinbarung
Leitsatz (redaktionell)
§ 4 Nr. 1 des Manteltarifvertrags für den Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen vom 09.07.1997 lässt eine Betriebsvereinbarung zu, die Teilzeitbeschäftigten einen Anspruch auf Vergütung eines am Ende des Abrechnungszeitraums bestehenden Zeitguthabens als zuschlagspflichtige Mehrarbeit gibt.
Normenkette
BGB § 611; Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen v. 09.07.1997 § 4 Nr. 1 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Urteil vom 19.09.2002; Aktenzeichen 2 Ca 221/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil desArbeitsgerichts Heilbronn – Kammern Crailsheim – vom19.09.2002 – 2 Ca 221/02 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 138,79 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2002 zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten aufgrund der am 13.05.2002 erhobenen Klage über die Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags für ein zum Ende des Jahre 2001 auf dem Jahresarbeitszeitkonto ausgewiesenes Zeitguthaben.
Die Beklagte beschäftigt im Fuhrpark ihrer Niederlassung in … neben Vollzeitbeschäftigten etwa 40 bis 50 Teilzeitkräfte, darunter den Kläger. Zum Jahresende 2001 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Zeitguthaben von 57,35 Stunden aus, die mit der Verdienstabrechnung für Januar 2002 je Stunde mit EUR 9,66 brutto als Mehrarbeit ohne Mehrarbeitszuschlag vergütet wurden (Bl. 4, 5 d.A. I. Instanz). Mit der Beklagten am 30.03.2002 zugegangenem Schreiben vom 29.03.2002 (Bl. 45 d.A. I. Instanz) machte der Kläger einen Mehrarbeitszuschlag von 25 % auf diese Stunden geltend.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft betrieblicher Übung der Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen vom 09.07.1997 (MTV. Bl. 52 bis 62 d.A. I. Instanz) Anwendung. Dieser enthält zur Arbeitszeit, Teilzeitarbeit und Mehrarbeit u.a. folgende Bestimmungen:
§ 2
Arbeitszeit
1. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 38,5 Stunden. … Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit ist festzulegen.
Die regelmäßige Arbeitszeit ist auf 5 Tage in der Woche zu verteilen. Aus dringenden betrieblichen Erfordernissen kann die Arbeitszeit auf 6 Tage verteilt werden …
…
2. Eine von Nr. 1 abweichende Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit ist aus betrieblichen Gründen unter Beachtung der Höchstarbeitszeit der §§ 3, 7 ArbZG bis zu 50 Stunden in der Woche zulässig, wenn innerhalb von Regelungszeiträumen von bis zu jeweils 52 Wochen die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden nicht überschritten wird.
Besteht ein Betriebsrat, so ist über die abweichende Einteilung der Arbeitszeit eine Betriebsvereinbarung abzuschließen.
3. Die tägliche Arbeitszeit und die Pausen regelt die Betriebsleitung unter Mitbestimmung des Betriebsrates Diese Regelung ist durch Aushang im Betrieb bekannt zu geben.
5. Die Arbeitszeitregelung für Fahrer und Kraftfahrer von Kraftfahrzeugen ist in Anlage I dieses Manteltarifvertrages festgelegt.
§ 3
Teilzeitarbeit und Altersteilzeit
1. Der Arbeitgeber darf einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.
…
§ 4.
Mehr-, Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit
1. Mehr-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Sie sind aber im Rahmen der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes zulässig und können bei dringenden betrieblichen Erfordernissen bis zu einer Gesamtarbeitszeit von höchstens 10 Stunden täglich angeordnet oder vereinbart werden. …
Mehrarbeit ist jede über 38,5 Std. in der Woche hinausgehende angeordnete oder mit dem Betriebsrat vereinbarte Arbeit.
Bei anderweitiger Verteilung der Arbeitszeit (§ 2 Nr. 2) liegt Zuschlagspflichtige Mehrarbeit vor, wenn die festgelegte Wochenarbeitszeit überschritten wird; dies gilt auch bei Abweichung von einer einmal festgelegten Planung.
Teilzeitbeschäftigte leisten Zuschlagspflichtige Mehrarbeit, wenn für Vollzeitbeschäftigte Zuschlagspflichtige Mehrarbeit vorliegt und die Arbeit der Teilzeitbeschäftigten außerhalb deren regelmäßiger Arbeitszeit geleistet wird.
2. Die nach § 4 Nr. 1 angeordnete Mehrarbeit ist mit 1/167 des Monatsgehalts bzw. Monatslohnes (Grundvergütung), zuzüglich eines Zuschlags von 25 % (Mehrarbeitszuschlag) zu vergüten. Bei abweichender Verteilung der Arbeitszeit (§ 2 Nr. 2) ist für die die festgelegte Wochenarbeitszeit überschreitende Arbeitszeit zusätzlich der Mehrarbeitszuschlag zu zahlen. Überschreitet die Arbeitszeit an einem Arbeitstag 10 Stunden (siehe § 4 Nr. 1), so ist ab der 11. Stunde ein Zuschlag ...