Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 26.11.1992; Aktenzeichen 1 Ca 288/92) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 26.11.1992 – Az.: 1 Ca 288/92 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bei dem beklagten Fußballverein, welcher im Streitzeitraum an den Wettbewerbsspielen der 2. Bundesliga teilnahm, als Lizenzspieler beschäftigt. Er erhielt ein Grundgehalt von DM 7.500,– und außerdem Prämien, insbesondere für erzielte Meisterschaftspunkte. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit, ob und in welchem Umfange der Kläger diese Prämien auch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zu beanspruchen hat.
Der Kläger war ab dem 14.03.1992 arbeitsunfähig. Der Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen endete am 26.04.1992. Für die Saison 1991/92 war zwischen dem sogenannten Spielerrat der Mannschaft und dem Verein eine Prämienregelung ausgehandelt worden (Bl. 27 d.A.). Danach erfolgt (Nr. 2) „Auszahlung 100% bei vollem Einsatz”. Ersatzspieler (Nr. 3) erhalten einen Prämiengrundbetrag von 50%, bei Einwechselung in der 1. Halbzeit jedoch 100% und bei Einwechselung in der 2. Halbzeit 75%. Sonderregeln gelten für gesperrte Spieler. Diese interessieren hier nicht. Außerdem ist für krankheitsbedingten Arbeitsausfall folgende Regelung getroffen:
„…
Im Krankheitsfalle werden 6 Wochen Lohnfortzahlung gezahlt. D.h. Grundgehalt, Punkt- und Einzelprämie (3 Monate vor Erkrankung) werden zusammenaddiert und durch die Anzahl der Monatstage dividiert = Tagessatz.
Der Tagessatz wird bezahlt ab dem 4. Tag der Erkrankung bzw. bei verspäteter Abgabe der Krankmeldung ab dem Eingangsdatum.”
Die Fußballmannschaft des beklagten Vereins erzielte im April 1992 bis zum 26.04.1992 fünf Meisterschaftspunkte. Für jeden Punkt wurden DM 2.300,– als Prämie gewährt. Der Kläger war vor seiner Erkrankung Stammspieler. Der beklagte Verein ist seiner Behauptung, er wäre, wenn er nicht erkrankt wäre, im Fortzahlungszeitraum regelmäßig eingesetzt worden, nicht entgegengetreten. Der beklagte Verein zahlte an den Kläger im Monat April 1992 ein Bruttogehalt von DM 9.057,10 (vgl. Abrechnung Bl. 9 d.A.).
Der Kläger hält diese Abrechnung für unzutreffend. Er ist der Auffassung, er müsse so gestellt werden, wie wenn er nicht verletzt worden wäre und als Spieler zur Verfügung gestanden hätte. Er verlangt deswegen eine weitere Vergütungsfortzahlung von – rechnerisch unstreitig – DM 8.943,– brutto.
Der beklagte Verein ist demgegenüber der Auffassung, daß bei schwankenden Bezügen die Lohnausfallvergütung nach dem Durchschnittsprinzip zu ermitteln sei. Die Argumentation des Klägers führe zu widersinnigen Ergebnissen. Außerdem lege er seiner Forderung einen fiktiven Kausalverlauf zugrunde. Ein Fußballspieler könne aus den verschiedensten Gründen nicht eingesetzt werden. Abgesehen davon sei eine Prognose über den Verlauf eines Fußballspieles nicht möglich.
Hilfsweise hat der Verein im ersten Rechtszuge aufgerechnet. Auf diesen Einwand ist er im zweiten Rechtszuge nicht zurückgekommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Es geht aus vom Lohnausfallprinzip. Danach sei auch bei erfolgsabhängiger Vergütung das Entgelt zu zahlen, das der Arbeitnehmer erzielt hätte, wenn er gearbeitet hätte. Der fortzuzahlende Leistungslohn hänge also grundsätzlich nicht vom Verdienst in der Vergangenheit ab, sondern von dem Durchschnittsverdienst während der Arbeitsunfähigkeit. Es müsse daher ein Berechnungsverfahren angewendet werden, das dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht werde. Es komme darauf an, welchen Verdienst der Angestellte mutmaßlich erzielt hätte, ausreichend sei dabei eine gewisse Wahrscheinlichkeit.
Danach müsse hier angenommen werden, daß der Kläger ohne die Erkrankung die streitigen Prämien erhalten hätte. Dem stehe nicht entgegen, daß ein Lizenzfußballspieler keinen Anspruch darauf habe, in einem Spiel tatsächlich eingesetzt zu werden, sondern nur eine rechtlich nicht geschützte Chance. Das schließe nicht aus, daß der Kläger hier, wenn er nicht erkrankt wäre, eingesetzt worden wäre. Da der Kläger unstreitig regelmäßig als Stammspieler eingesetzt worden sei und der beklagte Verein keine Umstände vorgetragen habe, welche seinem zukünftigen Einsatz entgegengestanden hätten, müsse man davon ausgehen, daß er ohne seine Verletzung auch im April gespielt haben würde.
Ebensowenig komme es darauf an, daß nicht feststehe, ob die Ergebnisse der Mannschaft auch bei Teilnahme des Klägers erzielt worden wären. Eine strenge Kausalität könne im Rahmen des § 616 BGB nicht verlangt werden. Es komme nur darauf an, welches mutmaßliche Ergebnis erzielt worden wäre. Im Rahmen dieser Wahrscheinlichkeitsprüfung könne angenommen werden, daß die Mannschaft mit einem Stammspieler jedenfalls nicht schlechter gespielt haben würde als ohne ihn.
Mit seiner Berufung verbleibt der beklagte Verein bei seiner Rechtsauffassung.
B...