Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassungsprüfungspflicht für eine Betriebsrente aus Versicherungen bei dem BVV-Versicherungsverein a.G. und der BVV-Versorgungskasse e.V.
Leitsatz (amtlich)
1. Die in § 30c Abs. 1a BetrAVG in der Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17. August 2017 enthaltene unechte Rückwirkung ist verfassungsgemäß.
2. Die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG über die Befreiung von der Anpassungsprüfungspflicht erstreckt sich nicht auf kongruent rückgedeckte Versorgungszusagen.
3. Die Voraussetzungen für den Wegfall der Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG liegen vor, soweit die betriebliche Altersversorgung durch den BVV Versicherungsverein a.G. durchgeführt wird. Sie liegen nicht vor, soweit die Durchführung über die BVV Versorgungskasse e.V. erfolgt.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 3 Nr. 2, § 30c Abs. 1a, § 1b Abs. 3, § 16 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.06.2017; Aktenzeichen 15 Ca 4622/16) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.06.2017 - 15 Ca 4622/16 - teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 597,60 Euro brutto (restliche BVV-Rente, Tarif RA) für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2017 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Folgetag des Tages, an dem das Urteil rechtskräftig wird, zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ab dem 01.07.2017 über die monatliche BVV-Rente, Tarif RA, in Höhe von 96, 94 Euro brutto hinaus weitere 16,60 Euro brutto monatlich zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 85 % und die Beklagte zu 15 %. Von den Kosten der Berufung tragen der Kläger 90 % und die Beklagte 10 %.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrenten des Klägers zum 1. Juli 2014 anzupassen.
Der am XX.XX. 1942 geborene Kläger trat bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 1. Mai 1979 als Prokurist ein. Dem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag vom 28. März 1979 zugrunde (Anlage K 2). Dieser enthielt in seinem § 5 Altersversorgung folgende Regelung:
"Der Mitarbeiter wird zusätzlich zu der gesetzlichen Angestelltenversicherung beim BEAMTENVERSICHERUNGS-VEREIN DES DEUTSCHEN BANK- UND BANKIERGEWERBES a.G. versichert. Die Bank zahlt hierfür satzungsgemäß den Arbeitgeber-Anteil und freiwillig die darauf entfallende Steuer."
Bei dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (im Folgenden: BVV Versicherungsverein) handelt es sich um eine regulierte Pensionskasse. Die Satzung des BVV Versicherungsvereins (Anlage B 1) enthält auszugsweise folgende Regelungen:
"§ 2
Der BVV hat die Aufgabe, nach Maßgabe der Satzung und Versicherungsbedingungen
(1) Den bei ihm versicherten Angestellten ... bei Erreichen der Altersgrenze eine Rente,
... zu zahlen.
(4) Die Leistungszusagen der BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. (nachfolgend "VK" genannt) ... in Rückdeckung zu nehmen, ...
§ 24
(1) Aus dem Überschuss des Geschäftsjahres sind mindestens 2,5 % der Verlustrücklage zuzuführen, bis sie mindestens 2,5 % der Deckungsrückstellung erreicht.
(2) Der weitere Überschuss ist der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen und zugunsten der Versicherten und Rentner nach Maßgabe der jeweiligen Versicherungsbedingungen und des genehmigten Geschäftsplans zu verwenden. ..."
Aufgrund einer Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen gründete der BVV Versicherungsverein im Jahr 1998 die BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes e.V. (im Folgenden BVV Versorgungskasse). Die Satzung der BVV Versorgungskasse (Anlage B 2) enthält auszugsweise folgende Regelung:
"§ 2
(1) Die VK hat den ausschließlichen und unabänderlichen Zweck, nach Maßgabe der Satzung und des Leistungsplanes freiwillig und unter Beachtung der Höchstgrenzen des § 2 KStDV
1. Mitarbeitern ... bei Erreichen der Altersgrenze Altersversorgung,
... zu zahlen."
Der sogenannte Leistungsplan A der BVV Versorgungskasse (Anlage B 3) enthält in seiner Präambel folgende Bestimmungen:
"Bisher erhielten die Mitarbeiter der dem BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (nachfolgend "BVV" genannt) angeschlossenen Banken bzw. deren Hinterbliebene die Versorgungsleistungen aufgrund abgeschlossener Versicherungsverträge direkt vom BVV.
Am 25.11.1998 wurde die BVV Versorgungskasse (nachfolgend "VK" genannt) gegründet. Alle Mitarbeiter, die zuvor beim BVV versichert waren, und die nunmehr Mitglieder der VK sind, erhalten Versorgungsleistungen vom BVV gemäß den Versicherungsbedingungen des Tarifs B und von der VK gemäß ihrer Satzung und dem Leistungsplan A.
..."
Im Tarif RA Versicherungsbedingungen (Anlage B 4) ist in § 1 auszugsweise folgendes geregelt:
"(1) Der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. (nachfolgend "BVV" genannt) übernimmt aufgrund des zwischen ihm und der BVV Ver...