Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung zahlreicher kurzdauernder Arbeitsverhältnisse eines archäologischen Grabungstechnikers

 

Leitsatz (amtlich)

Sogenannte archäologische Rettungsgrabungen im Bereich der Denkmalpflege sind jeweils eigene Projekte, auch wenn sie das beklagte Land in großer Zahl durchführt (im Anschluss an BAG 29. Juli 2007, 7 AZR 907/07).

 

Normenkette

BGB § 305c Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 01.06.2016; Aktenzeichen 3 Ca 4/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.01.2019; Aktenzeichen 7 AZR 243/17)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 1.Juni 2016 - 3 Ca 4/16 - abgeändert.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  4. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. August 2015 wirksam zum Ablauf des 31. Dezember 2015 befristet wurde sowie um einen eventuellen Weiterbeschäftigungsanspruch.

Der am 0.0.1984 geborene, ledige Kläger war bei dem beklagten Land mit Unterbrechungen seit dem 6. Juni 2005 aufgrund diverser befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Zuletzt arbeitete er als Grabungstechniker mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39,5 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.626,28 € aufgrund des Arbeitsvertrages vom 5. August 2015 im Projekt I..

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beidseitiger Tarifbindung und Bezugnahme im Arbeitsvertrag der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Der Kläger war zuletzt in die Entgeltgruppe 9 eingruppiert.

Der Kläger wurde vom beklagten Land seit dem Jahr 2005 bei archäologischen Grabungsarbeiten auf der Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverträgen (ABl. 6-32 der erstinstanzlichen Akte) wie folgt eingesetzt:

Befristungsdaten

Tätigkeit

Dauer

Unterbrechung

06.06.2005 - 29.07 2005

Grabungsmitarbeiter B.

1 Mo, 24 T

2 T

01.08.2006 - 22.09.2006

Grabungsmitarbeiter S.

1 Mo, 22 T

3 J, 4 Mo, 9 T

01.02.2010.- 31.07.2010

Grabungsmitarbeiter/studentische Hilfskraft

6 Mo

2 Mo

01.10.2010.- 31.12.2012

Grabungsmitarbeiter/wissenschaftliche Hilfskraft

2 J, 2 Mo

9 Mo, 7 T

08.10.2012 - 09.11.2012

Mitarbeiter Grabung R.

1 Mo, 2 T

5 Mo, 22 T

01.05.2013 - 30.09.2013

Mitarbeiter archäologische Ausgrabung E.

5 Mo

keine

01.10.2013 - 31.12.2013

Grabungsmitarbeiter B.

3 Mo

keine

01.01.2014 - 14.02.2014

Grabungsmitarbeiter B.

1 Mo, 14 T

keine

01.04.2014 - 31.05.2014

Grabungsmitarbeiter P.

2 Mo

15 T

16.06.2014 - 18.07.2014

Grabungsmitarbeiter F.

1 Mo, 3 T

keine

19.07.2014 - 30.09.2014

Grabungsmitarbeiter F.

2 Mo, 12 T

6 Mo

01.04.2015 - 04.12.2015

Projekt I.

8 Mo

Ablösung

16.08.2015 - 31.12.2015

Grabungstechniker Projekt I.

4 Mo, 16 T

Summe:

64 Mo, 3 T

Aufgrund des streitgegenständlichen letzten befristeten Arbeitsvertrages vom 5. August 2015 war der Kläger als Grabungstechniker bei der Grabung I. beschäftigt. Hierbei handelte es sich um ein Bauvorhaben der Stadt I., welches diese durch einen Investor durchführen lässt. Zur Durchführung des Bauvorhabens waren archäologische Arbeiten plangemäß nötig geworden, da zu erwarten war, dass im Gebiet ergiebige Funde zu erwarten waren, weil es sich um ein Stadtareal handelt, das im Jahr 1631 niederbrannte und aufgrund eines Abschwunges der Stadt nur mit geringerer Intensität bebaut worden war. Hinsichtlich des Erhaltungsgrades sind Vergleiche zwischen K. und I. archäologisch möglich. Zur Durchführung der Grabungsarbeiten wurden zwischen der Stadt I. und dem Land Baden-Württemberg öffentlich-rechtliche Verträge abgeschlossen (Vertrag vom 30. Mai/18. Mai 2012, ABl. 150-159 der erstinstanzlichen Akte sowie Vertrag vom 25. November/4. Dezember 2014, ABl. 160-169 der erstinstanzlichen Akte). Die personelle Ausstattung für das Projekt ergibt sich aus der Anlage 2 zu dem Vertrag vom 25. November/4. Dezember 2014 (ABl. 168,169 der erstinstanzlichen Akte). Abweichend von der Planung in Anlage 2 war sodann zu dem Leitungsteam der Kläger als weiterer Techniker hinzugenommen worden. Im August 2015 kamen zu den ursprünglich geplanten Aufgaben der Grabungsarbeiten in der südlichen Altstadt weitere Aufgaben hinzu, weil im Bereich des Schlosses in I. durch eine Fernwärmeleitung in den Boden eingegriffen wurde, die ein Eingreifen des Denkmalschutzamtes erforderlich machten. Zur Erledigung der denkmalschutzrechtlichen Aufgaben im Bereich des Schlosses wurden die vor Ort vorhandenen Kräfte, die auch in der südlichen Altstadt eingesetzt waren, herangezogen (ABl. 191,192 der erstinstanzlichen Akte). Nach den Planungen sollten die Grabungsarbeiten bis 16. September 2015 abgeschlossen sein. Grabungsbeginn war der 16. Juli 2012. Vertraglich avisiert war nach § 4 des öffentlich-rechtlichen Vertrages vom 25. November 2014/4. Dezember 2014 (ABl. 164 der erstinstanzlichen Akte) eine Beendigung der Grabungsarbeiten zum 31. Dezember 2015. Hinsichtli...

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