Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitgutschriften für geleistete Betriebsratstätigkeit eines freigestellten Betriebsratsmitglieds nach Maßgabe der aufgewendeten Freizeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung und auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts zum Ausgleich für eine Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist.
2. § 37 Abs. 3 BetrVG enthält einen Ausgleichsanspruch nur für Nachteile, die ein Betriebsratsmitglied dadurch erleidet, dass es aus betriebsbedingten Gründen zur Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben Freizeit opfern muss. Bezugspunkt des Anspruchs ist damit nicht eine hypothetischen Arbeitszeit sondern allein die aufgewendete Freizeit.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Entscheidung vom 23.02.2016; Aktenzeichen 2 Ca 401/15) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2016 - 2 Ca 401/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger Zeitgutschriften für geleistete Betriebsratstätigkeit zu gewähren sind. Der Kläger begehrt für Tage, an denen er an jeweils achtstündigen Betriebsratssitzungen teilgenommen hat, eine Zeitgutschrift von - seiner individuellen täglichen Arbeitszeit entsprechenden - 12 Stunden.
Der Kläger ist bei dem Beklagten als Rettungssanitäter beschäftigt und nicht freigestelltes Betriebsratsmitglied des bei ihm gebildeten Betriebsrats. Der Beklagte ist ein Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes.
Basis der arbeitsvertraglichen Beziehungen ist der Arbeitsvertrag vom 28. August 1991, ergänzt durch Vertrag vom 1. bzw. 2. August 2013 (Bl. 49 bis 53 der Berufungsakte; ob die Unterschrift des Klägers am 1. oder 2. August 2013 geleistet wurde, ist nach der Handschrift nicht zweifelsfrei feststellbar). Gemäß § 1 II. 1. des Arbeitsvertrages gilt für das Arbeitsverhältnis "der für den Arbeitgeber geltende Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-Tarifvertrages) und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen des Arbeitgebers". Für den streitgegenständlichen Zeitraum ist dies der DRK-Reformtarifvertrag (auszugsweise vorgelegt als Anlage K1 in der Fassung des 41. Änderungstarifvertrages zum DRK-Reformtarifvertrag, Bl. 26 bis 29 der Berufungsakte).
§ 12 des DRK-Reformtarifvertrags in oben genannter Fassung lautet:
"§ 12 Regelmäßige Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich; ab dem 1. Juni 2008 durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich. Vorbehaltlich Abs. 6 verbleibt es für die im Rettungsdienst beschäftigen Mitarbeiter (Mobiler Rettungsdienst, Krankentransport und Rettungsleitstelle) bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden.
(2) Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. Abweichend von Satz 1 kann bei Mitarbeitern, die ständige Wechselschicht oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
(...)
(6) Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden bis zu 12 Stunden täglich
a) und durchschnittlich 45 Stunden wöchentlich, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens zwei Stunden täglich fällt,
(...)"
Der Beklagte hat von der Möglichkeit nach § 12 Abs. 6 DRK-Reformtarifvertrag Gebrauch gemacht und die regelmäßige tägliche Arbeitszeit entsprechend verlängert.
§ 15 DRK-Reformtarifvertrag (lediglich durch die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt, vgl. Bl. 44 der erstinstanzlichen Akte) lautet, soweit hier von Interesse:
"§ 15 Arbeitszeitkonto
(1)Dem DRK steht es frei, für die Mitarbeiter eines Betriebes oder einzelner Betriebsteile Arbeitszeitkonten einzurichten. Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, erfolgt die Ausgestaltung durch eine Betriebsvereinbarung, anderenfalls durch Tarifvertrag auf der Ebene der Landestarifgemeinschaft/Landesbezirke. Soweit ein Arbeitszeitkorridor (§ 12 Abs. 10) oder eine Rahmenzeit (§ 12 Abs. 11) vereinbart wird, ist ein Arbeitszeitkonto einzurichten.
(2) Auf das Arbeitszeitkonto können Zeiten, die bei Anwendung des nach § 12 Abs. 2 festgelegten Zeitraums als Zeitguthaben oder als Zeitschuld bestehen bleiben, nicht durch Freizeit ausgeglichene Zeiten nach § 14 Abs. 2 Satz 6 und Abs. 6 sowie in Zeit umgewandelte Zuschläge nach § 14 Abs. 2 Satz 5 gebucht werden. Weitere Kontingente (zB. Rufbereitschafts-/Bereitschaftsdienstentgelte) können durch Betriebsvereinbarung zur Buchung freigegeben werden.
(3) Mit der Einrichtung eines Arbeitszeitkontos sind insbesondere folgende Regelungen zu treffen:
a) Die höchstmögliche Zeitschuld und ...