Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit einer einmonatigen Ausschlussfrist in Formulararbeitsvertrag. Formulararbeitsvertrag. Ausschlussfrist
Leitsatz (redaktionell)
Eine im Formulararbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist, die die Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis an eine einmonatige Ausschlussfrist ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses bindet, stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB dar und führt zur Unwirksamkeit der Ausschlussfrist.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg – Kn. Offenburg – vom 01.02.2005, Az. 5 Ca 503/04, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die Differenz zwischen dem Ursprungslohn und einem gekürzten Lohn zu zahlen im Wesentlichen im Hinblick auf die Frage, ob die Berufung auf eine vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist möglich ist oder nicht.
Der Kläger war vom 01.10.2003 bis 31.08.2004 als Werkzeugmechaniker bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage der arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien war der Arbeitsvertrag vom 24.09.2003 dessen § 10 (Ausschlussklausel/Zeugnis) wie folgt lautet:
„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen von beiden Vertragsteilen spätestens innerhalb eines Monats nach Beendigung schriftlich geltend gemacht werden. Anderenfalls sind sie verwirkt.”
In § 4 des Arbeitsvertrags hatten die Parteien einen Stundenlohn von 12,50 EUR vereinbart, in § 11 für Nebenabreden und Änderungen des Vertrags ein Schriftformerfordernis, das weder mündlich noch stillschweigend aufgehoben oder außer Kraft gesetzt werden konnte.
Mit Schreiben vom 10.05.2004 an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigte die Beklagte an, den Lohn aus wirtschaftlichen Gründen bis zum 31.12.2004 befristet um 10 % zu kürzen. Dementsprechend wurde auch beim Kläger ab Mai 2004 verfahren. In der Zeit von Mai bis August 2004 bezahlte die Beklagte dem Kläger für geleistete 733,65 Stunden lediglich einen Stundenlohn von 11,25 EUR. Erstmals mit Schreiben vom 22.10.2004 hat der Kläger seinen im Arbeitsvertrag vereinbarten Stundenlohn für die zurückliegende Zeit eingefordert ohne dass dies Erfolg gehabt hätte.
Der Kläger machte daraufhin klagweise die Vergütungsdifferenz zum vereinbarten Stundenlohn von 12,50 EUR mit insgesamt 917,06 EUR brutto geltend und hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 917,06 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt und die Auffassung vertreten, durch das widerspruchslose Weiterarbeiten des Klägers habe dieser einer Vertragsänderung hinsichtlich der Vergütung zugestimmt. Außerdem habe er die Ausschlussfrist in § 10 des Arbeitsvertrags nicht gewahrt.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dem Kläger 917,06 EUR brutto als Differenzvergütung für 733,65 geleistete Arbeitsstunden zugesprochen. Es hat ausgeführt, der im Arbeitsvertrag vereinbarte Stundenlohn sei nicht wirksam geändert worden, ohne dass es darauf angekommen wäre, ob die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers eine Annahmeerklärung beinhalten könnte. Die Beklagte habe nämlich schon gar kein Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags unterbreitet, sondern vielmehr lediglich kundgetan, sie werde einseitig den Lohn um 10 % kürzen. Im Übrigen wäre einer einvernehmlichen Abänderung des Vertrags auch die vereinbarte Schriftformklausel entgegen gestanden. Auf die in § 10 des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist könne sich die Beklagte nicht berufen, diese sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, weil sie den Kläger unangemessen benachteilige. Eine Ausschlussfrist von lediglich einem Monat weiche erheblich von den gesetzlichen Verjährungsfristen ab, ohne dass dies durch die besondere Interessenlage der Parteien gerechtfertigt wäre. Dem verständlichen Klarstellungsinteresse des Arbeitgebers, insbesondere nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei ausreichend Rechnung getragen durch eine Ausschlussfrist, die dem Arbeitnehmer hinreichend Zeit einräume, sich über bestehende Rechte im Klaren zu werden und diese durchzusetzen. Eine die Dauer von 6 Monaten unterschreitende Ausschlussfrist stelle dagegen eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar, weil sie die Durchsetzung restlicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im Vergleich zur gesetzlichen Regelung stark erschwere und ein Bedürfnis für eine sehr kurze Ausschlussfrist von einem Monat nicht anzuerkennen sei.
Mit ihrer am 09.03.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung gegen das ihr am 11.02.2005 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts, die sie am 04.04.2005 begründet hat, strebt die Beklagte weiterhin ein...