Entscheidungsstichwort (Thema)

Kirchliche Zusatzversorgung. Punktemodell. Gesamtversorgung. Startgutschrift. AVR. Pflichtversicherungsjahre. gesamtversorgungsfähige Zeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zusatzversorgung nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) ist wirksam auf das tarifvertraglich geregelte Punktemodell des öffentlichen Dienstes umgestellt worden.

2. Die Ablösung der bisherigen Gesamtversorgung war nach den Satzungsbestimmungen der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse zulässig und bedurfte nicht der Zustimmung der arbeitsgerichtlichen Kommission.

3. Die Ermittlung der Startgutschrift dergestalt, dass in jedem Jahr der Pflichtversicherung lediglich 2,25 % der Vollrente erworben werden, führt jedoch zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten und damit zur Unwirksamkeit der Besitzstandsregelung.

 

Normenkette

Anlage 1 zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbands (AVR)

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 20.07.2006; Aktenzeichen 11 Ca 289/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 20.07.2006, Az. 11 Ca 289/04, abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass die dem Kläger von der Beklagten zu 2 mit Wirkung vom 01.01.2002 erteilte Startgutschrift unverbindlich ist.

3. Die weitergehende Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Beklagten zu 2 und die Berufung gegen die Abweisung der Klage gegenüber der Beklagten zu 1 werden zurückgewiesen.

4. Der Kläger trägt 5/6, die Beklagte zu 2 1/6 der Kosten des Rechtsstreits.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Zusatzversorgung nach den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes wirksam auf das tarifvertraglich geregelte Punktemodell des öffentlichen Dienstes umgestellt worden ist.

Der Kläger ist seit 0.0.1982 als Erzieher/Heilpädagoge beim Beklagten Ziffer 1 beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag verweist auf die jeweilige Fassung der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR). Ziffer XIII der Anlage 1 zu den AVR verpflichtet den Dienstgeber, die Altersversorgung nach den Bestimmungen der Anlage 8 zu den AVR zu veranlassen. § 1 der Anlage 8 bestimmt unter der Überschrift „Gesamtversorgung”, dass Arbeitnehmer, für die Versicherungspflicht nach der Satzung der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands (KZVK) besteht, durch ihren Dienstgeber bei der Zusatzversorgungskasse zu versichern sind. Am 16.04.2002 beschloss der Verwaltungsrat der Zusatzversorgungskasse eine Satzungsänderung und stellte rückwirkend zum 01.01.2002 die Altersversorgung von dem bisherigen umlagefinanzierten Gesamtversorgungssystem auf ein kapitalgedecktes Zusatzrentensystem um. In diesem Rahmen wurden die bis zum 01. Januar 2002 erworbenen Anwartschaften in eine Startgutschrift umgerechnet, wobei die zurückgelegten Pflichtversicherungsjahre nicht mehr zu den bisher maximal 40, sondern zu den nunmehr maximal 44 möglichen Pflichtversicherungsjahren ins Verhältnis gesetzt wurden.

Mit seiner am 05.07.2004 beim Arbeitsgericht Freiburg eingegangenen Klage, gerichtet gegen den Beklagten zu 1 und die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Köln (Beklagte zu 2), hat der Kläger Feststellung begehrt, dass seine Alters- und Hinterbliebenenversorgungsansprüche entsprechend der bisher geltenden Regelung fortbestehen und durch die Systemumstellung im öffentlichen Dienst, die durch die Satzungsänderung bei der Zusatzversorgungskasse übernommen wurde, nicht berührt werden. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, durch die Satzungsänderung seitens der Zusatzversorgungskasse könne nicht in die ihm gewährte Versorgungszusage eingegriffen werden, da diese unverfallbar sei. Die Änderung des Leistungsplans der Beklagten zu 2 führe zu einer Minderung seines Versorgungsanspruchs. Zum einen sei durch die Umstellung das Versorgungsniveau bezogen auf den sogenannten Eckrentner abgesenkt, des Weiteren sei nicht berücksichtigt worden, dass der Versicherungsbeginn vor 1992 gelegen habe, so dass der maximale Gesamtversorgungssatz schon nach einer zusatzversorgungspflichtigen Zeit von 35 Jahren erreicht worden wäre. Die Ermittlung der Startgutschrift sei mängelbehaftet, da der dem Kläger zustehende gesetzliche Rentenanspruch ausschließlich auf der Grundlage des Näherungsverfahrens errechnet worden sei. Dadurch würde der Kläger nicht nur gegenüber dem alten Versorgungssystem benachteiligt, sondern auch schlechter gestellt als junge Versicherte. Der Beklagten zu 2 stehe es nicht zu, in sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 1 einzugreifen und begründete arbeitsvertragliche Ansprüche zu mindern. Die Satzungsänderung sei aber auch wegen fehlender Beteiligung der arbeitsrechtlichen Kommission unwirksam, denn die Satzungsänderung sei vorgenommen worden, obwohl die ar...

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