Entscheidungsstichwort (Thema)
wirtschaftliche Lage eines konzernabhängigen Unternehmens
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers kann es ausnahmsweise auf die wirtschaftliche Lage des herrschenden Konzernunternehmens ankommen (so genannter Berechnungsdurchgriff), wenn im Konzern ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn das aus der Anpassungsprüfung verpflichtete Unternehmen durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag mit einer Obergesellschaft verbunden ist und sich deren durch Eigeninteressen bestimmte Einflussnahme nachteilig auf das beherrschte Unternehmen auswirkt.
2. Im Konzern kommt eine unternehmensübergreifende Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Sozialleistungen allenfalls dann in Betracht, wenn vom herrschenden Unternehmen ausgehend bestimmte Leistungen üblicherweise konzerneinheitlich erbracht werden und auf den Fortbestand dieser Übung ein schützenswertes Vertrauen für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen entstanden ist.
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 13.11.2003; Aktenzeichen 17 Ca 2628/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen der Kläger gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom13.11.2003 – 17 Ca 2628/03 – werden zurückgewiesen.
2.Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu je 1/7.
3.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Anpassung von Betriebsrenten.
Die Kläger waren langjährige Mitarbeiter der früheren M. B. AG im Produktionsbereich O. und hatten ursprünglich einen Arbeitsvertrag mit der D. B. AG (im Folgenden: DB AG). Bei der DB AG bestand eine betriebliche Altersversorgung. Rechtsgrundlage war zunächst eine Betriebsvereinbarung zwischen der DB AG und dem Gesamtbetriebsrat vom 06.02.1987 (Versorgungsordnung 1987). In der Versorgungsordnung 1987 wird den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der DB AG eine Versorgung zugesagt, die durch die D. B. Unterstützungskasse GmbH (im Folgenden: DB UK) gewährt wird (Bl. 25-37 der erstinstanzlichen Akte). Die Versorgungsordnung 1987 wurde durch eine Versorgungsordnung vom 26.11.1992 abgelöst (Bl. 38-58 der erstinstanzlichen Akte, i.F.: Versorgungsordnung 1992). Im Rahmen einer Neustrukturierung der M. B. AG wurde der Produktbereich O. am 01.01.1995 auf die neugegründete „E.B. GmbH” übertragen, die später in E.B. GmbH (Beklagte) umfirmierte. Diesem Betriebsübergang widersprachen die Kläger nicht. Die Beklagte war eine hundertprozentige Tochter der damaligen M. B. AG. Im Zusammenhang mit der Übertragung des Produktbereichs O. schlossen die M. B. AG und der im Werk M. bestehende Betriebsrat am 07.11.1994 eine Betriebsvereinbarung mit einem Sozialplan (Bl. 66-82 der erstinstanzlichen Akte). Darin sind unter Ziff. 6 des Sozialplans auch Regelungen zur Altersversorgung enthalten. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits unverfallbare Rentenanwartschaften hatten.
Betriebsvereinbarung vom 07.11.1994
6.1 Die Betriebsvereinbarung „Versorgungsordnung” der MB AG vom 26.11.1992 gilt für die auf die „E.B. GmbH” übergehenden Mitarbeiter … kollektivrechtlich fort. Der bisherige Leistungsumfang bleibt damit voll erhalten; die Ansprüche richten sich künftig gegen die „E.B. GmbH”.
…
6.4 Für diejenigen Mitarbeiter, für die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 01.01.1995 eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne der Versorgungsordnung der MB AG besteht, gilt:
6.4.1 Die „E.B. GmbH” verpflichtet sich, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs gültige Rententabelle „93” jeweils anlässlich der in der MB AG stattfindenden Überprüfungen und in gleichem Umfang wie in der MB AG anzupassen.
6.4.2 Tritt eine neue Versorgungsregelung in der „E.B. GmbH” in Kraft, so wird bei Eintritt des Versorgungsfalles im Wege einer individuellen Vergleichsrechnung ermittelt, ob die bisherige Versorgungsordnung der MB AG oder die neue Versorgungsregelung auch unter Anwendung der „Konzernbetriebsvereinbarung über Dienstzeitanrechnung bei Wechsel von Mitarbeitern zwischen Unternehmen des D.-B.-Konzerns” für den einzelnen Mitarbeiter günstiger ist. Im Rahmen dieser Vergleichsrechnung werden die bei der MB AG erfolgten Anwartschaftsanpassungen berücksichtigt.
Nach Eintritt des Versorgungsfalles erhielten die Kläger von der DB UK und nach der Verschmelzung der D. B. AG auf die D.C. AG (i.F.: DC AG) von der D. C. Unterstützungskasse GmbH (i.F.: DC UK) Rentenbescheide über die Bezahlung einer „D. B. Rente”. Seit 1995 passte die DB UK bzw. DC UK die Betriebsrenten der zuletzt bei der Beklagten beschäftigten Rentner gem. § 16 BetrAVG zum jährlichen Stichtag 01.07. in der gleichen Höhe wie die Betriebsrenten der bei der DB AG bzw. DC AG beschäftigten Rentner an. So wurde z.B. beim Kläger Ziff. 3 die Betriebsrente zum 01.07.2001 erhöht. Erstmals im Jahr 2002 erhöhte die Beklagte nicht ihre Betriebsrenten unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Lage, obwohl die DC ...