Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Versorgungsansprüche eines GmbH-Geschäftsführers bei Versorgungszusage während formwechselnder Umwandlung der Gesellschaft in eine Aktiengesellschaft. Auslegung eines mit der noch nicht eingetragenen Aktiengesellschaft abgeschlossenen Arbeitsvertrages als mit der GmbH geschlossener Vertrag. Rechtswegzuständigkeit für die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen als Aufsichtsratsvorsitzender gegen Ansprüche aus einer arbeitsvertraglichen Versorgungszusage. Vorbehaltsurteil bei Aufrechnung mit rechtswegfremden Schadensersatzansprüchen. Arbeitnehmerklage gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung von Versorgungsansprüchen zur Insolvenztabelle

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer formwechselnden Umwandlung einer GmbH in eine AG ist in der Phase zwischen der notariellen Beurkundung des Umwandlungsvertrages und der Eintragung der Umwandlung im Handelsregister die umzuwandelnde GmbH weiter existent und geschäftsfähig.

2. Zur Auslegung eines in dieser Phase mit der noch nicht eingetragenen AG (Vor - AG) abgeschlossenen Arbeitsvertrages als mit der GmbH geschlossenen Vertrags.

3. Schäden, die ein ehemaliger Arbeitnehmer, der nach Ende des Arbeitsverhältnisses Aufsichtsratsvorsitzender wird, dadurch verursacht, dass er in dieser Funktion seine Überwachungspflichten vernachlässigt, berechtigten den Arbeitgeber nicht zum Widerruf einer Versorgungszusage.

4. Nach § 112 AktG wird die AG gegenüber einem ehemaligen Geschäftsführer einer GmbH, die durch Formwechsel in eine AG umgewandelt wird, durch den Aufsichtsrat vertreten, selbst wenn der ehemalige Geschäftsführer nunmehr Vorsitzender des Aufsichtsrats ist.

5. Eine Genehmigung von Geschäften des Vorstandes einer AG mit einem ehemaligen Organ, die nach § 112 AktG unwirksam sind, bedarf der konkreten Befassung des Vorstandes mit dem Geschäft. Eine pauschale Genehmigung aller Geschäfte ist nicht möglich, weil sie auf eine Umgehung des § 112 AktG hinausläuft.

6. Für die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Pflichtverletzungen als Aufsichtsratsvorsitzender gegen Ansprüche aus einer arbeitsrechtlichen Versorgungszusage aus einem Arbeitsverhältnis sind die Arbeitsgerichte nicht - auch nicht nach § 2 Abs. 3 ArbGG - zuständig. Es hat insoweit ein Vorbehaltsurteil über die Ansprüche aus der Versorgungszusage zu ergehen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird das Anstellungsverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers gekündigt, wandelt sich das Anstellungsverhältnis nicht "einfach so" in ein Arbeitsverhältnis um; dafür bedarf es vielmehr konkreter Anhaltspunkte.

2. Hat die in Umwandlung in eine Aktiengesellschaft befindliche H.-GmbH durch Gesellschafterbeschluss vom 22.01.2007 beschlossen, dass der zum 31.12.2006 abberufene GmbH-Geschäftsführer, der am 17.1.2007 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft gewählte wurde, ab dem 01.01.2007 in einem Anstellungsverhältnis weiter beschäftigt werden soll, und schließt der abberufene GmbH-Geschäftsführer sodann einen Anstellungsvertrag mit der H.-AG., ergibt die Auslegung dieses Vertrages, dass der frühere GmbH-Geschäftsführer bei der in rechtlicher Hinsicht noch weiter bestehenden H.-GmbH tätig werden sollte, wenn die Aktiengesellschaft zu diesem Zeitpunkt allenfalls als Vorgesellschaft bestand während die H.-GmbH angesichts dessen, dass die Eintragung der formwechselnden Umwandlung noch nicht erfolgt ist, nach wie vor existent und in vollem Umfang handlungsfähig war und auch durch Gesellschafterbeschluss die Übernahme des ehemaligen Geschäftsführers in ein Anstellungsverhältnis bestätigt hat und es überhaupt keine Notwendigkeit gegeben hat außer der, den Anstellungsvertrag von vorneherein mit der vermeintlich "richtigen" Arbeitgeberin H.-AG abzuschließen; unter diesen Umständen haben der ehemalige Geschäftsführer und die H.-GmbH ein Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2007 begründet, wobei die Bezeichnung der Arbeitgeberin als "H.-AG" zu diesem Zeitpunkt eine auslegungsfähige Falschbezeichnung ist, die ein Zu-Stande-Kommen eines Arbeitsvertrages zwischen der H.-GmbH und dem früheren Geschäftsführer nicht hindert.

 

Normenkette

BGB § 117 Abs. 1, §§ 133, 157, 242, 611 Abs. 1; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1; GmbHG § 35; UmwG § 202 Abs. 1 Nr. 1; AktG § 112; InsO § 183; ArbGG § 2 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 11.02.2014; Aktenzeichen 7 Ca 354/13)

 

Tenor

  • I.

    Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen vom 11.02.2014, 7 Ca 354/13 wird auf die Berufung des Klägers wie folgt teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

    Urteil

    1. Der Beklagte wird verurteilt, die Forderung des Klägers in Höhe von € 2.412.517,01 brutto zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. AG, Amtsgericht V. - Az.: ------------- - zu laufender Nummer ---- festzustellen.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen (Klageantrag 1: Verwertung der Depots der Fa. H. zur Erfüllung der Versorgungszusage vom 22.1.2007).
    3. Die Widerklage wir...

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