Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Betriebsratswahl wegen einer zu großen Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, § 9 BetrVG, sind nur solche Arbeitnehmer zu berücksichtigen, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen.
2. Sogenannte Unternehmerarbeitnehmer, die für ihren Arbeitgeber und unter dessen Leitung Arbeiten in fremden Betrieben ausüben, sind nach § 9 BetrVG nicht mitzuzählen.
Normenkette
BetrVG 1972 §§ 9-10; WO 1972 § 3 Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 17.09.1987; Aktenzeichen 20 BV 2/87) |
Nachgehend
Tenor
I. Die (befristete) Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. September 1987 – 20 BV 2/87 – wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin betreibt eine orthopädische Klinik und ein Unfallkrankenhaus. Antragsgegner ist der bei der Antragstellerin bestehende Betriebsrat.
Seit Jahren arbeitet das Universitätsklinikum Charlottenburg der Freien Universität Berlin zum Zwecke der ihr obliegenden Lehr- und Forschungsaufgaben auf dem Gebiet der Orthopädie und zur wissenschaftlichen und praktischen Ausbildung des ärztlichen Nachwuchses mit der Antragstellerin zusammen. Das von der Antragstellerin betriebene Krankenhaus ist aufgrund einer Vereinbarung mit der Freien Universität Berlin auch akademisches Lehrkrankenhaus für die Ausbildung der Medizinstudenten. Die Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin einerseits und dem Universitätsklinikum andererseits richtet sich nach einer Vereinbarung in der Fassung vom 25. Februar 1986 (Bl. 26 ff. d.A.). Aufgrund dieser Vereinbarung wird in der Poliklinik und dem Biomechanik-Labor ausschließlich Personal der Antragstellerin eingesetzt. In der orthopädischen Klinik werden demgegenüber sowohl Arbeitnehmer der Antragstellerin als auch Dienstkräfte der Freien Universität tätig. Es handelt sich hierbei um etwa 18 Dienstkräfte, die teilweise auch zur Freien Universität in einem Beamtenverhältnis stehen. Für diese Personengruppe nimmt der Personalrat des Klinikums Charlottenburg der Freien Universität, an dessen Wahl diese Mitarbeiter bisher stets teilgenommen haben, die Mitbestimmungsbefugnisse nach dem Personalvertretungsgesetz wahr.
Daneben arbeiten auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin Mitarbeiter eines Gebäudereinigungsunternehmens, mit dem die Antragstellerin mehrere Verträge abgeschlossen hat, in denen sie der Firma Gebäudereinigung … die OP-Hauptreinigung, die Reinigung der Unfallstelle, die Glas- und Rahmenreinigung im …, die Reinigung im Bereich OP-Neubau sowie bei Bedarf – unter besonderer Aufforderung – die Ausführung von Desinfektionsarbeiten übertragen hat.
Außerdem sind bei der Antragstellerin 25 im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz beschäftigte Jugendliche tätig. Sie arbeiten wöchentlich an vier Tagen je vier Stunden und sind im übrigen verpflichtet, wöchentlich einmal an berufskundlichen Lehrgängen teilzunehmen. Daneben findet eine sozialpädagogische Betreuung statt.
Am 10. Februar 1987 erließ der Wahlvorstand für die gemeinsame Wahl des Betriebsrates am 25. und 26. März 1987 gemäß Formblatt ein Wahlausschreiben, das im Betrieb der Antragstellerin zum Aushang kam. Während der Wahlvorstand lediglich 568 Arbeitnehmer als wahlberechtigt ansah, bezog er in den für die Berechnung der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder maßgeblichen Personenkreis auch die nicht unmittelbar an die Antragstellerin gebundenen Personen ein und legte fest, daß der Betriebsrat aus 11 Mitgliedern besteht. Das Wahlergebnis gab der Wahlvorstand am 27. März 1987 durch Aushang bekannt. Danach sind 11 Mitglieder in den neuen Betriebsrat gewählt worden.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 8. April 1987 eingegangenen Antragsschrift hat die Antragstellerin die Wahl des Betriebsrates vom 25./26. März 1987 angefochten. Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Wahl unwirksam sei, weil durch die Berücksichtigung auch der drei nicht unmittelbar bei ihr beschäftigten Personengruppen eine zu große Anzahl von Betriebsratsmitgliedern gewählt worden sei.
Bei dem in ihrem Betrieb tätigen Personal des Universitätsklinikums Charlottenburg handele es sich nicht, so hat die Antragstellerin ausgeführt, um Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, jedenfalls soweit diese in ihrem Betrieb tätig seien. Sie nehme weder eine Vorauswahl der Bewerber für Stellen der Freien Universität vor noch sei sie in der Lage, über die Einstellung mitzuentscheiden oder der Personalabteilung des Klinikums Charlottenburg die Einstellung bestimmter gewünschter Kandidaten vorzuschreiben. Urlaubsanträge und Krankmeldungen seien weisungsgemäß an die Personalabteilung des Klinikums Charlottenburg zu richten. Nur das Klinikum Charlottenburg entscheide über die Bewilligung von Urlaubsanträgen. Allerdin...