Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung. Nachgeordnete Dienststellen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in Ausnahmefällen anzunehmende Nichtigkeit einer Wahl setzt einen Verstoß gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße voraus, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt.
2. Bei den Schwerbehindertenvertretungen der nachgeordneten Dienststellen im Sinne des § 97 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 SGB IX handelt es sich nicht nur um die 13 Bundesoberbehörden des Bundesministerien des Innern, sondern auch um die personalvertretungsrechtlich verselbstständigten Außenstellen und Nebenstellen, in denen Schwerbehindertenvertretungen gebildet sind. Auch diese sind als nachgeordnete Dienststellen anzusehen und damit sind die dort gebildeten Schwerbehindertenvertretungen berechtigt, an der Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung teilzunehmen.
Normenkette
SGB IX § 97 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 04.11.2003; Aktenzeichen 86 BV 21902/03) |
Tenor
I. Unter Zurückweisung der Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 6) wird auf die Beschwerde der Beteiligten zu 7) der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 04. November 2003 – 86 BV 21902/03 – teilweise abgeändert:
Der Antrag wird insgesamt zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 2. Februar 2003 durchgeführten Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung bei dem Bundesministerium des I. (BMI).
Die Beteiligten zu 1 bis 6 sind Mitglieder der für verschiedene Dienststellen beim Bundesministerium des Innern gebildeten Schwerbehindertenvertretungen. Die Hauptschwerbehindertenvertretung ist die Beteiligte zu 7, der Wahlvorstand für die Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung der Beteiligte zu 8 und das Bundesministerium des I. Beteiligter zu 9.
Zum Zeitpunkt der Wahl hatte das BMI 13 unmittelbar nachgeordnete Bundesoberbehörden mit Schwerbehindertenvertretungen. Zusammen mit dem Vertrauensmann im BMI gab es im Geschäftsbereich damit insgesamt 14 örtliche Schwerbehindertenvertretungen. In fünf Behörden mit personalvertretungsrechtlich selbstständigen Außenstellen und Nebenstellen mit Schwerbehindertenvertretungen waren daneben Gesamtschwerbehindertenvertretungen gebildet. Unter anderem unterhielt das Bundesamt für die A. a. F. (BAFI), in dem eine Gesamtschwerbehindertenvertretung gebildet war, 12 Außenstellen mit Sitz in Städten im gesamten Bundesgebiet. Bei dem technischen H. (THW) war neben Schwerbehindertenvertretungen in Landesverbänden eine Bezirksschwerbehindertenvertretung gebildet.
Zur Wahl hatte die damals amtierende Hauptvertrauensperson der Schwerbehinderten beim BMI alle Schwerbehindertenvertretungen eingeladen. An der Wahl nahmen 37 Wählerinnen und Wähler teil, die aus verschiedenen Behörden kamen. 18 von diesen Personen waren Vertrauenspersonen der personalvertretungsrechtlich verselbstständigen Außen- und Nebenstellen einschließlich zweier Vertrauenspersonen der THW- Landesverbände. Die Hauptvertrauensperson wurde mit 24 zu 13 Stimmen gewählt.
Mit dem am 17. Februar 2003 bei dem Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Antrag, der durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Juli 2003 an das Arbeitsgericht Berlin verwiesen worden ist, haben in die Beteiligten zu 1 bis 6 die Auffassung vertreten, die Wahl sei nichtig bzw. ungültig, da Personen gewählt hätten, die nicht wahlberechtigt gewesen seien. Den Bestimmungen des § 97 SGB IX lasse sich das Prinzip entnehmen, dass jeweils eine „Ebene” die jeweils nächste wähle. Dies bedeute, dass entsprechend der Zahl der Vertreter von verschiedenen Behörden lediglich 12 Personen wahlberechtigt gewesen seien. Die Teilnahme von 37 Wählern, davon 14 von einer einzigen Behörde, könne evident nicht rechtens sein. Nach § 97 Abs. 3 Satz 2 SGB IX wolle der Gesetzgeber die Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung auf keine breite personelle Basis stellen. Da die Zahl der Bezirksschwerbehindertenvertretungen im Geschäftsbereich des BMI niedriger als 10 ist, seien auch die Schwerbehindertenvertretungen der nachgeordneten Dienststellen wahlberechtigt. Personalvertretungsrechtlich verselbstständigte Außen- und Nebenstellen nachgeordneter Bundesoberbehörden würden zwar als selbstständige Dienststellen gelten, seien aber keine eigenen nachgeordneten Dienststellen der obersten Bundesbehörde. Den Schwerbehindertenvertretungen dieser Teildienststellen stehe damit kein aktives Wahlrecht bei der Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung zu. § 97 Abs. 3 SGB IX sei dahingehend auszulegen, dass Bezirksschwerbehindertenvertretung im Sinne dieser Vorschrift auch eine Gesamtschwerbehindertenvertretung sein könne.
Die Beteiligten zu 1 bis 6 haben beantragt,
festzustellen, dass die am 4. Februar 2003 erfolgte Wahl der Hauptschwerbehindertenvertretung bei dem Bundesministerium des I. nichtig ist,
hilfsweise, die Wahl für ungültig zu erklären.
Die Beteiligten zu 7 u...