Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei mehreren Kündigungsschutzklagen. Streitwert bei mehreren Kündigungsschutzklagen, § 12 Abs. 7 ArbGG
Leitsatz (amtlich)
1. Jede Kündigungsschutzklage stellt eine eigene Bestandsstreitigkeit i.S.d. § 12 Abs. 7 ArbGG dar und ist gesondert zu bewerten.
2. Werden mehrere Kündigungen in einem Rechtsstreit angegriffen, so sind die Werte der Kündigungsschutzklagen zusammenzurechnen. Der Wert einer Kündiungsschutzklage ist jedoch auf den Wert einer weiteren Kündigungsschutzklage anzurechnen, soweit sich die Kündigungsschutzanträge innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten zeitlich überschneiden. Der Umfang der Berechnung richtet sich nach der Zeitspanne, die zwischen den in den jeweiligen Kündigungen genannten Beendigungszeitpunkten liegt, wobei die gegen die zuletzt ausgesprochene Kündigung gerichtete Klage ihren Wert behält. Liegen die Beendigungszeitpunkte drei Monate oder länger auseinander, findet eine Anrechnung nicht statt
Normenkette
ArbGG § 12 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 06.02.2001; Aktenzeichen WK 24236/99) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 6. Februar 2001 – 4 Ca 12453/99 und WK 24236/99 – teilweise geändert:
Soweit es sich um die Gebührenansprüche gegen die Landeskasse handelt, wird der Wert des Streitgegenstandes auf 14.520,00 DM festgesetzt.
II. Im übrigen wird die Beschwerde der Landeskasse zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin hat sich in dem diesem Beschwerdeverfahren vorausgegangenen Rechtsstreit gegen zwei äußerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigungen vom 19. April und 19. Juni 1999 gewandt und Vergütungs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche in Höhe von 3.320,00 DM geltend gemacht. Der Beklagte hat von der Klägerin im Wege der Widerklage die Zahlung von 1.000,00 DM gefordert. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin mit Wirkung vom 29. Oktober 1999 für die Kündigungsschutzklagen, die Zahlungsklage in Höhe eines Betrages von 1.520,00 DM und zur Abwehr der Widerklage Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Rechtsstreit endete durch gerichtlich protokollierten Vergleich.
Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung durch Beschluss vom 6. Februar 2001 auf 25.720,00 DM festgesetzt. Gegen diesen der Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht Berlin am 7. März 2001 zugeleiteten Beschluss richtet sich die am 8. März 2001 eingelegte Beschwerde der Landeskasse, mit der sie eine Herabsetzung des Streitwertes auf 13.920,00 DM erreichen will.
II.
1.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist innerhalb der Beschwerdefrist des § 10 Abs. 3 S. 3 BRAGO eingelegt worden; der Beschwerdewert übersteigt 100,00 DM (§ 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO).
2.
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Für die Berechnung der gegen die Landeskasse gerichteten Gebührenansprüche der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beträgt der Wert des Streitgegenstandes insgesamt 14.520,00 DM.
2.1.
Die gegen die Kündigung vom 19. April 1999 gerichtete Klage ist mit 4.800,00 DM und die gegen die Kündigung vom 19. Juni 1999 gerichtete Klage mit 7.200,00 DM zu bewerten. Der Wert der Bestandsstreitigkeiten beträgt daher insgesamt 12.000 DM.
2.1.1.
Es besteht in der Rechtsprechung und Literatur keine Einigkeit darüber, in welcher Weise der Wert einer Bestandsstreitigkeit festzusetzen ist, wenn sich der Arbeitnehmer gegen mehrere Kündigungen seines Arbeitsverhältnisses wendet. Während zum einen die Auffassung vertreten wird, jedenfalls bei einem einheitlichen Prozess um mehrere Kündigungen stelle der Wert des Vierteljahresentgelts den Höchstbetrag des Streitwertes dar, wirkt sich nach anderer Auffassung der um eine Folgekündigung geführte Streit auf die Höhe des Streitwertes aus, wobei die Einzelheiten erneut umstritten sind. So wird der Streit über die Folgekündigung häufig geringer bewertet als die ursprüngliche Kündigungsschutzklage, wobei es auch darauf ankommen soll, wann die Folgekündigung ausgesprochen bzw. wirksam wurde oder ob sie auf dem gleichen Lebenssachverhalt wie die zuerst ausgesprochene Kündigung beruht. Ferner wird vertreten, die Werte der Kündigungsschutzklagen müssten – abhängig von der Zeitdifferenz zwischen erster und zweiter Kündigung – aufeinander angerechnet werden, wobei für die Folgekündigung der in § 12 Abs. 7 ArbGG genannte Höchstbetrag angesetzt werden könne. Auch eine Zusammenrechnung der unabhängig voneinander zu bestimmenden Werte der Kündigungsschutzklagen wird für möglich gehalten (vgl. zum Meinungsstand Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG. 3. Auflage 1999, § 12 Rdnr. 99 ff.; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdnr. 137 ff.; Meier. Streitwerte im Arbeitsrecht, 2. Auflage 2000, Rdnr. 183 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen).
2.1.2.
Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist der Streitwert bei mehreren Kündigungen nach folgenden Grundsätzen zu bestimmen:
Jede Kündigungsschutzklage stellt eine eigene Bestandsstreitigkeit i.S.d. § 12 Abs. 7 ArbGG dar und ist gesondert zu bewerten. Dies ist Fol...