Entscheidungsstichwort (Thema)
Werkdienstwohnung
Leitsatz (amtlich)
Zur Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für Streitigkeiten über Werkdienstwohnungen und im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis vermietete Räume.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Lit. a, Nr. 4 Lit. a; GVG § 23 Nr. 2 Lit. a; ZPO § 29a Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 21.07.1993; Aktenzeichen 48 Ca 12.691/93) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juli 1993 – 48 Ca 12.691/93 – aufgehoben.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist
Gründe
1.
Der Beklagte war bei der Klägerin als Hausmeister beschäftigt. Ihm wurde aufgrund seines Arbeitsvertrages eine Dienstwohnung zugewiesen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt die Klägerin Erstattung der Kosten für Schönheitsreparaturen sowie Entschädigung für eine vom Beklagten weiterbenutzte, vorher an ihn vermietet gewesene Garage.
Das Arbeitsgericht Berlin hat den Rechtsweg „zum Arbeitsgericht” unter Hinweis auf § 29 a ZPO für unzulässig erklärt.
Gegen diesen ihr am 16. August 1993 zugestellten Beschluß richtet sich die am 24. August 1993 beim Arbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, deren Rechtsstandpunkt sich der Beklagte angeschlossen hat.
2.
Die gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin ist fristgemäß und formgerecht eingelegt worden (§§ 569 Abs. 1 Hs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO, § 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Sie ist auch sachlich begründet.
Soweit es um die Erstattung von Kosten für Schönheitsreparaturen an der früheren Werkdienstwohnung des Arbeitsgebens geht, ergibt sich die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 Lit. a ArbGG, weil es sich dabei um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis handelt. Bei einer Werkdienstwohnung ist die Überlassung von Wohnraum unmittelbarer Bestandteil des Arbeitsverhältnisses und Teil der Gegenleistung (BAG, Urteil vom 24.01.1990 – 5 AZR 749/87 – BAGE 64, 75, 78 = AP § 2 ArbGG 1979 Nr. 16 zu I 3 a der Gründe). Damit sind aber Ansprüche, die sich im Zusammenhang mit der Überlassung einer Werkdienstwohnung ergeben, keine solchen aus einem Mietverhältnis i.S.d. § 23 Nr. 2 Lit. a GVG, der nach Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993 (BGBl. I S. 50) auf das nach dem 28. Februar 1993 anhängig gewordene Verfahren Anwendung findet und nunmehr die ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum anordnet.
An dieser Beurteilung ändert es nichts, daß nach § 565 e BGB bei Werkdienstwohnungen für die Beendigung des Rechtsverhältnisses hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete entsprechend gelten, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete den Wohnraum ganz oder überwiegend mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet hat oder in dem Wohnraum mit seiner Familie einen eigenen Hausstand führt. Abgesehen davon, daß sich dieser aus sozialen Gründen vorgenommene Übertragung materiell-rechtlicher Schutzvorschriften auf das Recht zur weiteren Nutzung des Wohnraums nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschränkt (BAG, Urteil vom 23.08.1989 – 5 AZR 569/88 – AP § 565 e BGB Nr. 3 zu II 2 der Gründe), sonstige damit im Zusammenhang stehende Ansprüche jedoch nicht erfaßt, läßt dies die rechtliche Natur des Rechtsverhältnisses unberührt. Ein neben das Arbeitsverhältnis tretende Mietverhältnis wird damit gerade nicht fingiert.
Fehlt es sonach bei einer Werkdienstwohnung am Tatbestandsmerkmal Mietverhältnis, vermögen die im angefochtenen Beschluß unter Bezugnahme auf Arbeitsgericht Wetzlar (Beschluß vom 05.07.1988 – 1 Ca 129/88 – NZA 1989, 232) angestellten Betrachtungen zur größeren Sachnähe der Amtsgerichte in Mietrechtsstreitigkeiten und deren größerer räumlicher Nähe für die Beantwortung der Zuständigkeitsfrage nichts herzugeben.
Soweit es um die Entschädigung für die weitere Nutzung der Garage geht, sind die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 Lit. a ArbGG zuständig, weil es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen einem Arbeitnehmer und seinem (früheren) Arbeitgeber über einen Aspruch handelt, der in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem (inzwischen beendeten) Arbeitsverhältnis steht. Eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 Lit. a GVG scheitert daran, daß es sich nicht um Wohnraum handelt, während § 29 a ZPO nur noch die örtliche Zuständigkeit regelt (Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., 1993, § 29 a R 1).
3.
Die weitere sofortige Beschwerde war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen.
Fundstellen