Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert bei Änderungsschutzklagen
Leitsatz (amtlich)
Im Änderungsschutzverfahren nach Annahme des Änderungsangebotes mit dem Vorbehalt gemäß § 2 KSchG ist der Gegenstandswert in der Regel auf zwei Monatsvergütungen festzusetzen.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 02.02.1998; Aktenzeichen 8 Ca 20722/97) |
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. Februar 1998 – 8 Ca 20722/97 – abgeändert:
Der Wert des Streitgegenstandes wird zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf 8.600,– DM festgesetzt.
Im übrigen wird die Beschwerde bei einem Beschwerdewert von 672,75 DM auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
Gründe
In dem diesem Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreit hat der Kläger mit seiner am 15. Mai 1997 eingegangenen Klage angekündigt, er werde beantragen festzustellen, daß die Änderungskündigung vom 29. April 1997 unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis über den 31. Mai 1997 hinaus unverändert zu den bisherigen Bedingungen fortbestehe. Der Rechtsstreit ist durch einen im Kammertermin am 7. Januar 1998 protokollierten Vergleich erledigt worden.
Durch den angefochtenen Beschluß ist der Wert des Streitgegenstandes zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf 1.168,86 DM, den Betrag der Vergütungsdifferenz für drei Monate, festgesetzt worden. Der Beschluß ist den Beschwerdeführern am 13. Februar 1998 zugestellt worden.
Mit ihrer am 27. Februar 1998 eingegangenen Beschwerde wollen die Beschwerdeführer die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 12.900,– DM, den Betrag des Dreifachen einer Monatsvergütung des Klägers, erreichen. Wegen der Begründung wird auf die Beschwerdeschrift vom 25. Februar 1998 und den darin in Bezug genommenen Schriftsatz vom 27. Januar 1998 verwiesen.
Die Beschwerde ist zulässig. Ihr Gegenstand übersteigt 100,– DM (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO) und sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung eingelegt worden (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO).
In der Sache selbst hat das Rechtsmittel zum Teil Erfolg. Der Gegenstandswert ist auf den Betrag von zwei Bruttomonatsvergütungen des Klägers mithin auf 8.600,– DM, festzusetzen.
Die Beschwerdekammer hat wiederholt entschieden, daß bei der Festsetzung des Gegenstandswertes in Änderungsschutzverfahren gemäß §§ 2, 4 Satz 2 KSchG, wenn über die Berechtigung zur Änderung von Vergütungsbedingungen gestritten wird, regelmäßig auf die Differenz zwischen der alten und der mit der Änderungskündigung erstrebten neuen, niedrigeren Vergütung abzustellen und der Bewertung des Gegenstandes gemäß § 3 ZPO entsprechend § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG höchstens der Betrag der Vergütungsdifferenz für drei Monate zugrundezulegen ist (Beschluß vom 29.11.1989 – 1 Ta 92/89 [Kost] –; Beschluß vom 04.09.1996 – 7 Ta 75/96 [Kost] –; Beschluß vom 28.10.1997 – 7 Ta 118/97 [Kost] –).
Diese Auffassung wird vielfach auch im Schrifttum vertreten (Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Auflage 1995, Rz. 113 zu § 12; Kittner/Trittin, Kündigungsschutzrecht, 3. Auflage [1997], Rz. 198 zu § 2 Kündigungsschutzgesetz; Weller/Hauck, Heidelberger Kommentar zum Kündigungsschutzgesetz [1997], Rz. 137 zu § 2; Rost in KR – Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften –, 3. Auflage [1989], Rz. 174 zu § 2 Kündigungsschutzgesetz). Von ihr geht auch der hier angefochtene Beschluß aus.
Diese Rechtsprechung der Beschwerdekammer wird nicht mehr aufrechterhalten; denn sie stellt zu sehr auf die Vergütungsdifferenz ab und berücksichtigt nicht genügend, daß auch der Streit um die soziale Rechtfertigung eines Änderungsangebotes eine Bestands- und Kündigungsstreitigkeit im Sinne des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG ist.
Der Streitwert wird durch den Klageantrag bestimmt und ist damit vom Streitgegenstand abhängig. Die Streitwertbemessung richtet sich in aller Regel nach dem unmittelbaren Interesse des Klägers an der Durchsetzung des gestellten Klageantrags. Für die Bewertung des Gegenstandes kommt es dagegen nicht auf das mittelbare wirtschaftliche Interesse des Klägers am Ausgang des Rechtsstreits an, also nicht auf das, was er mit seinem Antrag mittelbar erreichen will (Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts, 9. Auflage [1995], § 5.A. S. 19; GK-ArbGG/Wenzel, Rz. 68 zu § 12). Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen, die nicht auf Zahlung von Geld gerichtet sind, muß der Streitwert nach objektiven Gesichtspunkten bemessen werden; ein hinter dem Antrag stehendes wirtschaftliches Interesse der einen oder anderen Partei ist belanglos. Klärt die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Kündigung zugleich die Frage, ob der Arbeitnehmer Ansprüche auf Zahlung von Annahmeverzugslohn hat, so hat dies keinen Einfluß auf die Bewertung des Klageantrages im Kündigungsschutzprozeß. Der durch § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG begrenzte Bewertungsrahmen läßt es nicht zu, den Streitwert am wirtschaftlichen Wert der eventuell für die Zeit nach der Kündigu...