Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 24.08.1999; Aktenzeichen 5 Ca 14828/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. August 1999 – 5 Ca 14828/99 – wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
1. Die Berufung der Beklagten ist unzulässig, weil sie erst nach Ablauf der einmonatigen Berufungsbegründungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG begründet worden ist, ohne daß den Beklagten auf ihren fristgemäß gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren war.
Die als Rechtsanwälte beim Landesarbeitsgericht als Berufungsgericht postulationsfähigen Beklagten waren nicht gemäß § 233 ZPO ohne ihr Verschulden an der Wahrung der Berufungsbegründungsfrist gehindert. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn sie darauf hätten vertrauen dürfen, daß ihrem am letzten Tag der Frist nach Dienstschluß eingereichten Antrag auf Fristverlängerung entsprochen werde. Dazu wäre jedoch gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG erforderlich gewesen, erhebliche Gründe darzulegen. Dafür genügte der bloße Hinweis, daß der zuständige Sachbearbeiter derzeit urlaubsbedingt abwesend sei, nicht.
Wenn der Beklagte G., der die erstinstanzlichen Schriftsätze unterzeichnet und den Kammertermin wahrgenommen hat, in der Lage war, den Verlängerungsantrag zu diktieren, wie sich dem Vermerk unterhalb der Unterschrift des Beklagten M. „f.RA.S. G., nach Diktat verreist” entnehmen läßt, ist nicht erkennbar, weshalb er nicht statt dessen die Berufungsbegründung hat fertigen können. Außerdem hatte der Beklagte G. nach seinen Angaben im Wiedereinsetzungsantrag seine Urlaubsreise bereits seit langem geplant. Weshalb er dann nicht in der Lage war, die Berufung bereits am vorletzten Tag der Begründungsfrist zu begründen, hat er nicht dargelegt. Die Möglichkeit, eine Frist bis zum letzten Tag auszuschöpfen, dient nicht dazu, sich durch Hinausschieben der Bearbeitung selbst einen Verlängerungsgrund zu verschaffen.
Zudem reicht auch der bloße Hinweis, eine Bearbeitung der Angelegenheit durch einen anderen Kollegen der Kanzlei sei aufgrund starker Belastung durch Termine und Fristen nicht möglich, nicht. § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG verlangt die Darlegung erheblicher Gründe und läßt entgegen der im Wiedereinsetzungsantrag geäußerten Ansicht deren bloß schlagwortartige Angabe nicht genügen (LAG Berlin, Beschluß vom 29. Dezember 1989 – 6 Sa 91/89 – LAGE § 66 ArbGG Nr. 1). Dabei hätte eine Berufungsbegründung im vorliegenden Fall auch keinen besonderen Aufwand erfordert, sondern hätte bereits ausgereicht, sich mit der Ansicht des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil auseinanderzusetzen, die überörtliche Sozietät der Beklagten erfülle den Betriebsbegriff des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
Die von den Beklagten herangezogene Entscheidung des BVerfG (Beschluß vom 28. Februar 1989 – 1 BvR 649/99 – BVerfGE 79, 372) gibt nichts Gegenteiliges her. Dort war ausweislich des Sachverhalts gerade dargelegt worden, worauf die Arbeitsüberlastung des Prozeßbevollmächtigten beruht hatte.
Da die Beklagten ihren Fristverlängerungsantrag erst am letzten Tag der Begründungsfrist nach Dienstschluß per Telefax eingereicht haben, bestand schließlich auch keine Möglichkeit, sie noch telefonisch auf dessen mangelhafte Begründung hinzuweisen.
Dem Verlängerungsantrag konnte auch nicht mit der Begründung entsprochen werden, daß keine Verzögerung des Rechtsstreits eintreten werde, weil ein Termin noch nicht anberaumt sei. Gemäß § 216 Abs. 2 ZPO hat der Vorsitzende die Termine unverzüglich zu bestimmen. Dabei soll gemäß §§ 272 Abs. 3, 523 ZPO die mündliche Verhandlung so früh wie möglich stattfinden. Dies erlaubte es jedoch nicht, den Beklagten unter gleichzeitiger Terminierung der Sache an bereitester Stelle auf den 11. Februar 2000 die beantragte Fristverlängerung zu gewähren. Denn gemäß § 520 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist Termin zur mündlichen Verhandlung (erst) zu bestimmen, wenn die Berufung nicht durch Beschluß als unzulässig verworfen wird. Dies läßt sich indessen erst beurteilen, wenn die Berufungsbegründung vorliegt und gemäß § 519b Abs. 1 ZPO darauf überprüft werden kann, ob Form und Frist gewahrt sind. Deshalb ist eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist anders als eine solche der Erwiderungsfrist stets mit einer Verzögerung des Rechtsstreits verbunden (LAG Nürnberg, Beschluß vom 26. Januar 1994 – 4 Sa 1207/93 – LAGE § 66 ArbGG Nr. 9; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl. 1999, § 66 R 34), und kann allenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Verzögerung hinzunehmen sein, wenn diese im Hinblick auf einen langen Terminsstand sich nur als verhältnismäßig gering darstellt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
3. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Fundstellen