Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Vordruck. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Die Verwendung eines veralteten Vordrucks hindert nicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Antrag ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht sind.
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 4, § 114
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 12.08.2002; Aktenzeichen 36 Ca 19639/02) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts vom 12. August 2002 – 36 Ca 19639/02 – abgeändert:
Der Klägerin wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe mit Wirkung vom 17. Juli 2002 unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt M. bewilligt.
Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass hinsichtlich der Prozesskosten monatliche Raten aus dem Einkommen in Höhe von 30,– Euro zu zahlen sind.
2. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung beantragt und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Die Erklärung war auf einem veralterten und nicht mehr der amtlichen Fassung entsprechenden Formular abgegeben, beigefügt war die Kopie einer Verdienstbescheinigung des verklagten Arbeitgebers sowie ein aufgrund der Qualität der Kopie schlecht lesbarer Mietvertrag. Die Klägerin hat in ihrer Erklärung keine Mietbelastung angeben. Noch vor Durchführung des Gütetermins nahm die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 5. August 2002 die Klage zurück, da die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung „zurückgenommen” hatte. Mit Beschluss vom 12. August 2002 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, bis zur Beendigung des Rechtsstreits habe kein bewilligungsreifer Antrag vorgelegen. Die Angaben der Klägerin in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seien zum einen unvollständig und zum anderen nicht auf dem nach § 117 Abs. 3 und 4 ZPO zwingend vorgesehenen Formular abgegeben worden, die beigefügten Anlagen seien teilweise unleserlich gewesen.
Gegen diesen, ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. August 2002 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 2. September 2002 sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, die Klägerin habe durch die Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihre Einkommensverhältnisse ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, so dass bis zum Ende des Rechtsstreits Bewilligungsreife vorgelegen habe.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 1. September 2002 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gemäß §§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 ZPO statthafte Beschwerde ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, so dass gemäß § 572 Abs. 1 durch das Landesarbeitsgericht zu entscheiden war.
2. Die sofortige Beschwerde erweist sich in der Sache als überwiegend begründet. Der Klägerin ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung zu bewilligen, allerdings hat sie monatliche Raten in Höhe von 30,– Euro aus ihrem Einkommen zu entrichten.
a) Für den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe lag noch vor Abschluss des Rechtsstreits Bewilligungsreife vor. Grundsätzlich erfordert die Bewilligung von Prozesskostenhilfe einen ordnungsgemäßen Antrag, das heißt der Antrag muss gemäß § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Verwendung des gemäß § 117 Abs. 4 ZPO vorgeschriebenen Vordrucks und unter Beifügung entsprechender Belege enthalten. Erst wenn der Antragsteller dem nachgekommen ist, liegt Bewilligungsreife vor, das heißt erst dann hat der Antragsteller alle Voraussetzungen für eine Entscheidung geschaffen, so dass ab diesem Zeitpunkt eine Entscheidung ergehen kann. Bei Unvollständigkeit der Angaben oder fehlender Glaubhaftmachung hat das Gericht regelmäßig auf eine Ergänzung hinzuwirken (vgl. LAG Berlin vom 31. Juli 2002, 10 Ta 1070/02 m.w.Nw.). Erfolgt die vollständige Antragstellung erst nach Abschluss der Instanz, so ist eine rückwirkende Bewilligung auf einen früheren Zeitpunkt grundsätzlich nicht möglich (allgemeine Meinung, vgl. nur BGH vom 6. Dezember 1984, NJW 1985, 921, 922; LAG Berlin vom 11. April 2002, 2 Ta 945/02; LAG Berlin vom 31. Juli 2002, 10 Ta 1070/02, jeweils m.w.Nw.).
Unter Beachtung und in Anwendung dieser Grundsätze lag bei Abschluss des Rechtsstreits Bewilligungsreife vor. Die Klägerin hat in der ihrem Antrag beigefügten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihre Einkommensverhältnisse dargelegt und diese Angaben unter dem auf dem Vordruck vermerkten Satz: „Ich versichere hiermit, dass meine Angaben vollständig und wahr sind” durch e...